Die Tiefdruckgebiete der mittleren Breiten sind großräumige Wirbel mit vertikaler Achse, die auf der Nordhalbkugel entgegen dem Uhrzeigersinn rotieren. An ihren Ostseiten (im Meteorologenjargon als Vorderseiten bezeichnet) gelangt Warmluft aus niederen Breiten nordwärts, an den Westseiten ("Rückseiten") fließt Kaltluft aus höheren Breiten südwärts. Diese Strömungen realisieren so den Energieaustausch zwischen den wärmebegünstigten Tropen bzw. Subtropen und den Energiemangelzonen der Subpolar- bzw. Polargebiete und stellen ein wichtiges Glied innerhalb der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation auf der Erde dar. Da verschieden temperierte und unterschiedlich feuchte Luftmassen in ihre Rotation einbezogen werden, prägen sich wetterwirksame Fronten (auch "Tiefausläufer" oder "Störungen" genannt) als Grenzflächen der unterschiedlichen thermodynamischen Eigenschaften aus.
Entstehung, Verlagerung und Absterben von Tiefdruckgebieten an der sog. Polarfront, dem allgemein zonal in West-Ost-Richtung verlaufenden Übergangsbereich zwischen (sub-)tropischen und (sub-)polaren Luftmassen, basieren auf komplizierten physikalischen Prozessen und werden durch die Strömung in der mittleren und höheren Atmosphäre (Höhenströmung) gesteuert. Generell überqueren unsere wetterbestimmenden Tiefdruckgebiete Zentraleuropa entsprechend dem Strömungsmuster der Polarfront/Frontalzone ebenfalls von West nach Ost (Westwinddrift). Wenn jedoch die atmosphärische Höhenströmung deutlich nach Norden und Süden schwingt, gewinnt die meridionale Strömungskomponente an Bedeutung. Im Extremfalle kommt die Westwinddrift zum Erliegen, man spricht dann von "blockierenden Wetterlagen".
Die derzeitige Wetterlage ist zwar keine Blockierungslage, hatte bislang aber trotzdem ein gewisses Beharrungsvermögen. Seit ein paar Tagen dominiert ein umfangreiches "Zentraltief", dessen Kern südwestlich der Britischen Inseln liegt, das atmosphärische Geschehen in Mitteleuropa. Einzelne Tiefausläufer wurden quasi kreisförmig mit südwestlicher Strömung vom mittleren Nordatlantik über die Iberische Halbinsel, Frankreich und Mitteleuropa hinweg nordwärts gelenkt. Dabei kam es am gestrigen Dienstag in der feucht-milden Luftmasse vor allem in der Südwesthälfte Deutschlands gebietsweise zu kräftigen Schauern und Gewittern. Wäre jetzt Sommer, so würden wir sicherlich eine veritable Unwetterlage mit nachmittäglichen Schwergewittern erleben. Doch der Energieinhalt der von Südwesten herangeführten Luftmasse reichte nur für "markante" Gewitter mit örtlich stürmischen und gelegentlichen Sturmböen sowie Starkregenereignissen. Die eindrucksvollste "Starkregenmenge" innerhalb des Messnetzes des DWD waren 15 Liter pro Quadratmeter innerhalb von einer Stunde bis 16:00 Uhr MESZ im saarländischen Merzig. Im Hochsommer müsste man mit deutlich mehr Regen rechnen. Immerhin brachte der örtlich aufgetretene Hagel wie z.B. im Kraichgau Korngrößen von 2 bis 3 Zentimetern mit sich.
Weiter unten finden Sie ein Satellitenbild vom Dienstag, den 12.04.2016, um 16:00 Uhr UTC, mit den aufgezeichneten Blitzen unterschiedlicher elektrischer Polarität. Innerhalb von drei Stunden wurden 22672 Blitze detektiert.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.04.2016
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