Es war einmal eine Gruppe von wagemutigen Sturmjägern, die sich der Erforschung von Tornados verschrieben hatten und diesen in den USA auflauerten - natürlich nur zum Zwecke der Wissenschaft. Im Angesicht einer "vielversprechenden" Gewitterzelle, die mit ihren turbulenten Wolkenstrukturen bei grau-grünlicher Färbung fast als Kunstwerk durchgehen könnte, frohlockt einer der Sturmjäger "Dusty" seinem Kollegen "Bill": "Er wird grün". Mit "Er" ist der Tornado gemeint, der nach übereinstimmender Meinung der beiden Sturmjäger-Kollegen aufgrund der grünlich schimmernden Gewitterzelle zu erwarten ist. Die Rede ist von einer Szene aus dem US-amerikanischen Katastrophenfilm "Twister", den einige von Ihnen sicher kennen werden.
Die These, dass grünlich schimmernde Bewölkung auf extreme Wettererscheinungen hindeutet, ist weit verbreitet - und das nicht erst seit dem Film "Twister". Während den Menschen in den USA dabei vor allem Tornados in den Sinn kommen, ist es in vielen anderen Regionen der Hagel.
Wenn die These tatsächlich der Wahrheit entspricht, könnte sie ja durchaus als hilfreicher Anhaltspunkt für frühzeitige Wetterwarnungen dienen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Zusammenhang zwischen Färbung der Bewölkung und begleitenden Wettererscheinungen Gegenstand einiger Forschungsprojekte ist. Die erste Frage, die man sich stellen sollte, lautet: "Ist der grüne Himmel wirklich da oder handelt es sich um eine optische Illusion, die z. B. durch Reflektion des Sonnenlichts vom Erdboden zurück in Richtung Himmel hervorgerufen werden könnte?
Eine Forschergruppe der Universität Oklahoma fand durch genaue Messungen der Lichteigenschaften (Wellenlänge etc.) heraus, dass "Grün" tatsächlich die dominierende Farbe bei einigen kräftigen Gewitterentwicklungen ist und die Beschaffenheit des Terrains, über dem sich das Gewitter befindet, dabei keine Rolle spielt. Allerdings besteht keinerlei Zusammenhang zwischen grünem Himmel und der Art des Extremwetters. Darüber hinaus treten gerade Hagelunwetter sowohl bei Gewittern mit als auch ohne grünliche Färbung auf, Tornados ebenso. Aufgrund der unscharfen bzw. nicht nachweisbaren Zusammenhänge muss man die Aussagekraft der These "grüner Himmel bedeutet Ungemach" unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten stark einschränken.
Interessant bleibt aber die Frage, wie es zu dieser optisch teils stark abweichenden Färbung der Bewölkung bei Gewittern kommt. Sehr wahrscheinlich spielt der Wasserdampfgehalt in der Luft, der in der Umgebung von Gewittern besonders hoch ist, eine entscheidende Rolle. Indem er den roten Anteil des Sonnenlichts absorbiert, lässt der Wasserdampf das übriggebliebene, gestreute Sonnenlicht für den Beobachter bläulicher erscheinen. Wenn nun in der Umgebung sonst eher rotes Licht und dunkle Gewitterwolken dominieren (z. B. bei Sonnenuntergang), ergibt sich für einen Beobachter zusammen mit dem blauen Anteil eine grünliche Lichtstimmung. So scheint es auch kein Zufall zu sein, dass die meisten "grünen Gewitter" am Nachmittag und Abend beobachtet werden.
"If the sky is green, run for cover?"- Weder Fakt, noch Fiktion! Gewitter bergen stets Gefahren, die man nicht mit irgendeiner subjektiv wahrgenommenen Färbung der Bewölkung auf- oder abwiegen sollte. Für einen Katastrophenfilm mag dieser Slogan natürlich weiterhin dramaturgisch wertvoll sein.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.04.2016
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