Das Wetter sowie die dazugehörige Berichterstattung der letzten Tage ist uns noch in guter Erinnerung. Bei einem raschen Wechsel aus dunklen Quellwolken und kurzen sonnigen Abschnitten entwickelten sich vor allem in der zweiten Tageshälfte vielerorts teils kräftige Regen-, Schnee- oder Graupelschauer. Auch kurze Gewitter traten örtlich auf. Grund war die hochreichende Zufuhr polarer Kaltluft, die zudem auch vielfach Nachtfröste produziert hat. Dieser Kaltluftkörper ist derzeit rudimentär noch im äußersten Westen Deutschlands vorzufinden. So wurde am gestrigen Samstag exemplarisch in Aachen (Nordrhein-Westfalen) bei bedecktem Himmel und zeitweiligem leichten Regen lediglich eine Höchsttemperatur von 7,5 Grad erreicht. Unterdessen konnte sich vor allem im Süden und Osten des Landes die ursprüngliche Luftmasse fernab ihres Entstehungsgebietes zunehmend erwärmen, so dass zur gleichen Zeit beispielsweise in Schwandorf nördlich von Regensburg (Bayern) mit einer Höchsttemperatur von 21,5 Grad erstmals seit dem 22.04.2016 wieder die 20 Grad-Marke geknackt wurde. Anhand dieser Vorgeschichte wird das Potenzial erhöhter Wetteraktivität im Bereich der Temperaturgegensätze schon deutlich.
Da sich nun in höheren Luftschichten eine südliche Strömung einstellte, entstand auf der Alpennordseite infolge des Überströmens der Alpen als natürliche Barriere ein sogenanntes "Leetief", das auf den Namen VIOLA getauft wurde. Mit Drehbewegung entgegen dem Uhrzeigersinn bewirkt dieses nun eine bodennahe nördliche Strömung an der Westflanke, sprich genau über Südwestdeutschland. Hier trifft der bodennahe Nordwind auf einen Südwind in höheren Luftschichten. Da kalte Luftmassen eine höhere Dichte als warme aufweisen und damit schwerer sind, schieben sie sich keilartig unter die darüber liegende Warmluft. Diese gegenläufige Luftbewegung bodennaher kalter Luftmassen gegenüber wärmeren in höheren Luftschichten bezeichnet man in der Meteorologie als "Aufgleiten" mit der häufigen Folge länger anhaltender, kräftiger Niederschläge. Klassisches Beispiel derartiger Aufgleitniederschläge stellen sogenannte Vb (sprich: Fünf B) - Wetterlagen dar (siehe Thema des Tages vom 26.02.2016).
Unter dem Strich fielen dabei innerhalb der vergangenen 12 Stunden zwischen Saarland und Schwarzwald verbreitet 20-30 Liter pro Quadratmeter, in Staulagen des Nordschwarzwaldes punktuell sogar bis 35 l/m² (siehe Grafik im Anhang). Inzwischen hat sich das Tief VIOLA südostwärts auf die Alpensüdseite verlagert. So verwundert es nicht, dass sich der Schwerpunkt der Regenfälle in den nächsten Stunden innerhalb Deutschlands zunehmend auf den Alpenrand konzentrieren wird, wobei mengenmäßig ähnliche Größenordnungen wie im Südwesten zu erwarten sind.
Angesichts der aktuell normal bis nur leicht erhöhten Flusspegel im Süden und Südwesten ist als Folge der Regenfälle zumindest keine große Hochwassergefahr zu erwarten. Die ohnehin unausgeglichene Monatsniederschlagsbilanz im April zwischen verhältnismäßig trockenem Nordosten und im Vergleich zum klimatologischen Mittel zu nassem Südwesten hat das Ereignis aber nochmals befeuert.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.05.2016
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