Der Mai 2016 hält für alle Sternfreunde und Astronomen einen besonderen himmlischen Höhepunkt parat. Im Mittelpunkt steht ein Himmelskörper, der ansonsten meist unauffällig seine Bahn am irdischen Himmel zieht und den viele Menschen in Mitteleuropa vielleicht noch nie bewusst mit eigenen Augen gesehen haben: der Planet Merkur.
Merkur ist der sonnennächste Planet unseres Sonnensystems. Dies bedeutet, dass er wie auch der Planet Venus die Sonne innerhalb der Erdbahn umkreist. Von der Erde aus betrachtet steht Merkur deshalb auch immer in unmittelbarer Nähe zur Sonne, deren helles Licht ihn am Himmel meist überstrahlt. Nur im Frühjahr abends (wie jetzt zuletzt im April 2016) und im Herbst morgens bieten sich in Deutschland zuweilen günstige Chancen, den Planeten einiger Maßen leicht in der Dämmerung knapp über dem Horizont zu beobachten. Da Merkur sich also wie beschrieben innerhalb der Erdbahn bewegt, kommt es alle 116 Tage zu der Situation, das sich der Planet zwischen Erde und Sonne hindurch bewegt. Wenn Sonne, Merkur und Erde dann in dieser Reihung auf einer Linie stehen, spricht man von einer sogenannten "unteren Konjunktion" des Merkur. Und ähnlich wie beim Mond, der - wenn er sich zwischen Sonne und Erde schiebt - manchmal die Sonne von der Erde aus betrachtet ganz oder teilweise verdeckt (Sonnenfinsternis), kann auch der Merkur dann von der Erde aus betrachtet einen Teil der Sonne "verfinstern". Freilich ist der Merkur viel weiter von der Erde entfernt als der Mond, so dass er nur einen winzigen Bruchteil der Sonnenscheibe bedecken kann, nämlich nur ganze 0,004 Prozent. Deswegen spricht man in diesem Fall auch nicht von einer Sonnenfinsternis, sondern von einem "Merkurdurchgang vor der Sonnenscheibe" oder kürzer von einem "Merkurtransit". Wegen der Ekliptik kommt es nicht alle 116 Tage, sondern in 100 Jahren nur zu 13 oder 14 Merkurtransits, dieses Ereignis ist also weitaus seltener als eine "normale" Sonnenfinsternis. Die beiden letzten von Deutschland aus in voller Länge sichtbaren Merkurdurchgänge vor der Sonnenscheibe gab es am 10.November 1973 und am 07.Mai 2003 (also fast auf den Tag genau vor 13 Jahren) zu sehen. Jetzt am 09.Mai 2016 kann man also wieder von Mitteleuropa und von (fast ganz) Deutschland aus dieses Ereignis in voller Länge beobachten. Los geht es am kommenden Montag um 13:12 Uhr MESZ (die genauen Zeiten variieren in Deutschland um ein paar Sekunden, je nach Beobachtungsort), wenn der Rand des sichtbaren Merkurscheibchens erstmals die Sonnenscheibe an ihrem östlichen Rand berührt. Gut drei Minuten später ist Merkur komplett vor die Sonne getreten, man nennt dies auch den "2.Kontakt". Ab jetzt braucht Merkur mehr als 7 Stunden Zeit, um bis zum westlichen Rand der Sonnenscheibe zu laufen. Den geringsten Abstand zur Mitte der Sonnenscheibe erreicht gegen 16:56 Uhr MESZ ("3.Kontakt"). Zu diesem Zeitpunkt steht die Sonne etwa in der Mitte Deutschlands noch rund 35 Grad hoch über dem südwestlichen Horizont. Dann wird es etwas "eng": Merkur berührt erstmal wieder den Rand der Sonne ("4.Kontakt") gegen 20:37 Uhr MESZ. Im Südosten Bayerns, Sachsens und Brandenburgs ist dies gegen oder kurz nach Sonnenuntergang der Fall. Wieder rund 3 Minuten später gegen 20 Uhr 40 und 30 Sekunden hat Merkur dann die Sonnenscheibe endgültig wieder verlassen ("5.Kontakt"). Um dies zu beobachten braucht man dann auch in allen anderen Regionen Deutschlands einen flachen und von Sichthindernissen freien Westhorizont zu Sonnenuntergang. Achtung: Die Beobachtung dieses Ereignisses gestaltet sich durchaus nicht ganz einfach. Nicht nur, dass man natürlich erst einmal gutes Wetter mit einem möglichst wolkenfreien Himmel braucht, (das ist nordöstlich einer Linie Emsland - Harz für den gesamten Zeitraum sehr wahrscheinlich), man benötigt nämlich auch noch ein optisches Hilfsmittel hierzu. Denn Merkur ist schlicht - wie erwähnt - zu klein, um mit bloßem Auge vor der Sonnenscheibe zum Beispiel mit Hilfe einer Sonnenfinsternisbrille gesehen werden zu können. Man braucht also ein Fernglas oder ein Teleskop mit speziellen Schutzfiltern bzw. mit der Möglichkeit durch diese hindurch ein Abbild der Sonne auf einen weißen Karton zu projizieren. Unser Rat: Experimentieren Sie auf keinen Fall herum mit irgendwelchen "Hausmitteln" zur Dämpfung des grellen Sonnenlichtes wie CD's, rußgeschwärzten Scheiben oder ähnlichem. Sie riskieren schwere Augenschäden bis hin zur dauerhaften Erblindung! Am besten und sichersten beobachtet man dieses Ereignis in einer der zahlreichen öffentlichen Sternwarten unseres Landes, die an diesem Tag und für dieses Schauspiel ihre Türen öffnen und zur sicheren, gemeinsamen Beobachtung einladen.
Der nächste Merkurtransit findet bereits am 10.November 2019 statt, er wird zumindest teilweise von Deutschland aus sichtbar sein. Danach muss man sich bis zum 13.November 2032 bis zum nächsten Merkurtransit gedulden.
Meteorologe Uwe Bachmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.05.2016
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