Die nächste große Schütte

Die vergangenen Tage und Wochen verliefen nicht gerade niederschlagsarm. Wiederholt auftretende Schauer und mitunter heftige Gewitter brachten regional erhebliche Niederschlagsmengen. Diejenigen unter uns, die beharrlich auf beständiges Sommerwetter hoffen - immerhin nähern wir uns dem kalendarischen Sommeranfang - werden in den nächsten Tagen zum wiederholten Male in die Röhre schauen müssen.


Das Gros der Wettermodelle berechnet für die nächsten Tage, besonders für den Zeitraum zwischen Donnerstag und Samstag, eine Wetterlage, die zumindest prädestiniert für enorme Niederschlagsmengen ist. Etwa über dem östlichen Alpenraum setzt am Donnerstagabend eine Tiefdruckentwicklung ein. Das Tief verlagert sich unter Intensivierung nordwärts Richtung Ostsee, wo es schließlich am Freitagabend erwartet wird. In die Zirkulation des Tiefdruckgebietes wird von Südosten her feuchte und warme Mittelmeerluft einbezogen, die über Deutschland auf kühlere Atlantikluft stößt. Im Bereich der sich dabei einstellenden großen Temperaturgegensätze - wir Meteorologen reden dabei auch von "Baroklinität" - werden Regenfälle verursacht, die aufgrund des durch die Mittelmeerluft bereitgestellten hohen Wassergehaltes der Luftmasse sehr intensiv ausfallen können.

"Nicht schon wieder dieser Starkregen, den hatten wir doch erst", werden sich viele sagen. Das stimmt nicht ganz! Die Niederschläge, die von den meisten Wettermodellen in Aussicht gestellt werden, haben mit den Schauern und Gewittern, die als eher kleinräumige meteorologische Phänomene punktuell zuschlagen, nicht viel zu tun. Sie kommen ungleich großflächiger daher und bewässern auch größere Gebiete. Dadurch verschiebt sich auch das Gefahrenpotenzial von möglichen Sturzfluten zu Überschwemmungen, insbesondere durch die zunehmend Hochwasser führende Flüsse. Problematisch sind dabei besonders die bereits vielerorts wassergesättigten Böden. Das zusätzliche Wasser, das durch den Niederschlag bereitgestellt wird, fließt somit größtenteils ab und wird in Bäche und Flüsse eingetragen, wodurch diese weiter anschwellen.

Die Aufgabe für uns Meteorologen beim Deutschen Wetterdienst ist es nun, sowohl die Niederschlagsmengen abzuschätzen, als auch mögliche Schwerpunkte der Niederschläge auszumachen. Dabei werden verschiedene Wettermodelle und deren Berechnungen begutachtet, interpretiert und mit einer Brise Erfahrung zu einem Vorhersagekonzept verschnitten.

Derzeit noch durchaus große Unterschiede in der Berechnung der Niederschlagsschwerpunkte ergeben sich insbesondere aus der sehr verschieden simulierten Intensität und Zugbahn des Tiefdruckgebietes. Die Grafik auf www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/6/15.html zeigt die Niederschlagsschwerpunkte, die die drei Globalmodelle ICON, GFS und EZMWF setzen (Stand heute Morgen, 15.06.). Unter gebührender Berücksichtigung der Differenzen ergeben sich vor allem für den Nordosten und Osten Deutschlands Überschneidungen, die dort auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für kräftigere Entwicklungen hinsichtlich des Dauerregens bis in den markanten Bereich (über 30 l/qm in 24 Stunden), teils bis in den Unwetterbereich (über 50 l/qm in 24 Stunden) schließen lässt. Da solche Tiefdruckentwicklungen in der Vergangenheit im Vergleich zu den Berechnungen der Wettermodelle eher weiter östlich als westlich stattfanden, muss man die Osthälfte Deutschlands, darüber hinaus aber auch die Staulagen der östlichen Mittelgebirge sowie den Alpenrand definitiv im Auge behalten. Wirklich Klarheit werden aber erst die nächsten Wettermodellläufe verschaffen.

Am Samstag zieht der stärkste Regen nordostwärts ab, die niederschlagsreiche Witterung ist damit aber noch nicht passe. Vielmehr stellt sich wieder der altbekannte Zustand punktuell auftretender Schauer und Gewitter ein. Damit bleibt die Hochwasserlage bis auf weiteres angespannt - das Befinden des ein oder anderen Sonne- und Wärmeliebhabers wohl auch.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.06.2016

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