Der Regen, sei es als Schauer, als Starkregen oder Dauerregen, dominiert an dieser Stelle die Themen des Tages des Deutschen Wetterdienstes schon seit geraumer Zeit. Fehlender Einfallsreichtum der Autoren kann natürlich nicht als Ursache geltend gemacht werden, vielmehr wird das tatsächliche Wettergeschehen in Deutschland dadurch eindrücklich abgebildet. Denn landesweite, längere niederschlagsfreie Phasen waren zuletzt rar gesät, so viel steht fest. Langwierige wechselhafte Wetterphasen gerade während der Sommermonate, aber auch die allumfassende, in Quasi-Echtzeit ablaufende "Berichterstattung" in sozialen Netzwerken und im Internet über extreme Niederschläge führt mitunter zu dem Eindruck, es gäbe in diesem Jahr überall Nass im Überfluss. Doch stimmt das wirklich?
Wir blicken in unsere Datenbank, picken uns ein paar mehr oder weniger repräsentative Stationen heraus. Der meiste Niederschlag fiel - wenig überraschend - im Schwarzwald. Durchaus bemerkenswert sind aber die Niederschlagsmengen. Die Station auf dem Feldberg registrierte seit 1. Januar bis einschließlich gestern (18.06.) 1374,1 l/qm. Auf Grundlage des vieljährigen Mittels wären "nur" 934,7 l/qm zu erwarten gewesen. Den Stempel "deutlich zu nass" kann man im Wesentlichen dem gesamten Süden Deutschlands aufdrücken, also Bayern und Baden-Württemberg. Ebenfalls zu viel Nass von Oben gab es in Teilen Südwest- und Westdeutschlands, Rheinland-Pfalz und Saarland im Speziellen. Im eigentlich recht niederschlagsarmen Montabaur im Westerwald kamen bis gestern 529,6 l/qm zusammen. Das entspricht sage und schreibe 187% der im Mittel zu erwartenden Menge von 283,5 l/qm. In Montabaur, aber auch an einigen anderen Stationen in der Südhälfte Deutschlands ist kurz vor Jahreshalbzeit schon fast eine ganze Jahressumme an Niederschlag gefallen. In der Wetterdiensthauptstadt Offenbach wurde die Jahressumme von 2015 (443,7 l/qm) mit 508,7 l/qm schon überschritten. Das Vorjahr war dort zugegebenermaßen aber auch überaus trocken.
In den anderen Regionen Deutschlands gibt es zum Teil gewaltige Unterschiede in den Niederschlagsmengen. Zu feuchte und zu trockene Gebiete liegen in unmittelbarer Nachbarschaft. Allerdings zeigt sich tendenziell ein Südwest-Nordost-Gefälle. Betrachtet man die Flächenmittel des Niederschlags, treten besonders der Nordosten (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt) als Regionen hervor, die, gemessen am langjährigen Mittel, zu wenig Niederschlag erlebt haben. Das ohnehin trockene Kap Arkona auf Rügen kommt bisher lediglich auf 126,3 l/qm, was nur etwas mehr als der Hälfte des Mittelwertes entspricht. Selbst im mittleren Deutschland gibt es Orte, die bis dato alles andere als ein nasses Wetterjahr erleben (Fritzlar/Hessen: 238,6 l/qm (80%)). Das sehr heterogene Bild, das die Niederschlagsverteilung abgibt, ist u. a. ein Resultat des zuletzt meist konvektiven Naturell der Niederschläge. Schauer und Gewitter luden nur punktuell große Niederschlagsmengen ab, wobei die Häufigkeit vor allem nach Nordosten zu eher dürftig ausfiel (siehe auch Grafik der Niederschlagssumme der letzten vier Wochen auf http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/6/19.html)
Die Vermutung "das Jahr ist bisher viel zu nass" entspringt also nicht nur einem subjektiven Eindruck, sondern lässt sich zumindest in der Südhälfte in vielen Fällen auch mit Messwerten bestätigen. Der Nordosten aber mag sich angesichts der ganzen Niederschlagsexzesse wie im falschen Film fühlen. Das Gute beim Wetter ist aber, dass sich die Verhältnisse ganz schnell drehen können - und keiner weiß wohin.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.06.2016
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