Als Meteorologe darf man am heutigen 21.6. eigentlich nicht allzu laut vom Sommeranfang sprechen. Schließlich ist der Meteorologische Sommeranfang ja immer am ersten Juni und liegt damit - auch wenn man es vom Wetter her nicht bemerkt haben sollte - schon drei Wochen zurück.
Astronomisch betrachtet liegt die Ursache für die Jahreszeiten in der Neigung der Erdachse gegen die Ebene, auf der die Erde ihre Bahn um die Sonne zieht. Die Neigung beträgt dabei etwa 23,5°, und auf der Nordhalbkugel ist immer dann Sommeranfang, wenn die Sonne senkrecht über dem nördlichen Wendekreis steht.
Dummerweise ist dies immer an einem festen Punkt auf der Bahn der Erde um die Sonne der Fall. Und da die Erde keine 365 Tage braucht, um einmal um die Sonne zu kreisen, sondern 365,256 Tage, kommt die Sonne jedes Jahr etwa 6 Stunden später an diesem Bahnpunkt ein. Mit anderen Worten: Der astronomische Sommeranfang "verspätet" sich, Jahr für Jahr. Um der Erde Zeit zu geben, ihre Verspätung einzuholen, wird alle 4 Jahre ein Schaltjahr eingelegt, so wie dieses Jahr. Ohne den Schalttag wäre der Sommeranfang in diesem Jahr übrigens am 22.6. um 00:34 Uhr MESZ gewesen, mit Schalttag aber in der vergangenen Nacht um 00:34. Und damit ist jetzt per definitionem Sommer!
Gut und schön, werden all jene sagen, die auf Temperaturen um oder jenseits der 30-Grad-Marke und auf reichlich Sonne hoffen. Aber hält das heutige Datum denn auch, was es verspricht? Kommt ER jetzt (endlich!!!) oder kommt ER nicht?
Und die Antwort ist eindeutig: Er kommt - aber erstmal nur zu einem Kurzbesuch! Den heutigen Dienstag gilt es noch mit Temperaturen um 24 Grad zu überstehen. Dann geht es, was die Temperaturen angeht, mit dem Expressaufzug nach oben! Um 30 Grad sollen es am morgigen Mittwoch sein, um 32 Grad dann am Donnerstag und Freitag, wobei am Donnerstag im Südwesten, am Freitag im Osten lokal Werte bis 36 Grad möglich sind.
Aber unser Heißsporn hat leider wenig Ausdauer und verlässt die Wetterbühne am Freitag in der Westhälfte, am Samstag auch in der Osthälfte sehr ungestüm und mit lautem (Gewitter-)Poltern. Aufbrausend haut er uns auch das ein oder andere Unwetter-Gewitter mit heftigem Starkregen, Hagel und Sturmböen um die Ohren. Und es folgt ein Dejà-vu: Die Temperaturen pendeln sich am Sonntag und Montag bei Werten um 25 Grad ein und liegen damit etwa auf dem heutigen Niveau.
Letztendlich bedeutet das nichts anderes, als dass wir mit dem Sommer noch etwas Geduld haben müssen. Er hat noch 3 Monate Zeit, erwachsener, ruhiger und ausgeglichener zu werden. Vielleicht bekommt er ja auch noch ein sonniges Gemüt, mit dem er dann auch den von Rudi Carell besungenen Sonnenschein bringen könnte, nicht mehr von Juni, aber vielleicht von Juli bis September.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.06.2016
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