Sommer, Sonnenschein, Wärme und warmes Meerwasser - all diese Schlagworte klingen nach einem perfekten Urlaub, wenn es um die Badewettervorhersage gehen würde. Doch leider ist der Sommer auch die Jahreszeit, wo in den Bereichen der Tropen und teils auch Subtropen auf der Nordhemisphäre Tropenstürme aktiv sind. So auch in diesem Jahr.
Die Tropensturmsaison umfasst grob gesagt die Sommermonate, schwankt jedoch je nach Gebiet geringfügig. Liegt die Hauptsaison im Nordatlantik zwischen dem 1. Juni und dem 30. November, so ist sie im Ostpazifik zwischen dem 15. Mai und dem 30. September und in den restlichen Bereichen des Pazifiks zwischen den Monaten Mai und November zu finden. Das bedeutet nicht, dass auch außerhalb der eigentlichen Saison kein Tropensturm entstehen kann, die Wahrscheinlichkeiten sind jedoch gering, da die Zutaten für die Entwicklung nur selten gegeben sind. Dass es aber Ausnahmen geben kann, zeigte in diesem Jahr Hurrikan Alex, der zwischen dem 13. und 15. Januar (!) die Azoren mit Sturmböen heimsuchte und bis zum heutigen Tag als der zweitstärkste Tropensturm der Nordhemisphäre für 2016 geführt wird (siehe Bild auf www.dwd.de unter "Thema des Tages").
Ruft man sich kurz die für die Entstehung von Tropenstürmen benötigten Zutaten in Erinnerung, sollten folgende Punkte angesprochen werden: warmes Ozeanwasser, damit viel Wasser verdunstet und die Bildung kräftiger Gewitterwolken unterstützt wird. Die Aussage, dass das Wasser für die Bildung von Tropenstürmen mindestens eine Temperatur von 26 bis 27 Grad aufweisen muss, stimmt zwar meist, doch treten auch immer wieder Beispiele auf, wo die Entwicklung über deutlich kühleren Gewässern erfolgt (siehe Hurrikan Alex). Das zu erörtern bedarf jedoch eines eigenen Themas des Tages. Die Luftmasse über dem Meer muss hochreichend feucht genug sein und erst in genügender Entfernung zum Äquator kommt es zur Ausbildung von Tropenstürmen, da die Corioliskraft (siehe Wetterlexikon auf www.dwd.de) die Entwicklung ermöglicht. Diese Schein- oder Trägheitskraft gewinnt mit zunehmender Entfernung zum Äquator an Kraft und Bedeutung. Außerdem sollte der Wind mit der Höhe nur leicht zunehmen. Die Windzunahme mit der Höhe wird als
"Geschwindigkeitsscherung" bezeichnet. Je schwächer diese ausfällt, desto eher kann sich ein tropisches System entwickeln - starke Windscherung kann solche Systeme regelrecht zerreißen.
Doch es wird noch komplexer, denn auch klimatologische Phänomene wie ein "El Nino" oder "La Nina" (siehe Wetterlexikon auf www.dwd.de) spielen zum Beispiel im Nordatlantik und Nordpazifik eine Rolle, modifizieren sie doch die Windscherung und auch die Wassertemperaturen der Weltmeere. Da nach dem El Nino aus den Jahren 2015/16 nun Ende 2016 zunehmend mit einem La Nina Ereignis gerechnet wird, ist auch wenig verwunderlich, dass sich die
Tropensturmvorhersagen im Vergleich zum Vorjahr teils spürbar unterscheiden. All die angesprochenen Parameter und klimatologischen Rahmenbedingungen werden letztendlich zu den jeweiligen Vorhersagen umgewandelt. Die Anzahl der vorhergesagten Stürme dient als Richtlinie und ist kein Absolutwert.
Für den Nordatlantik erwartet die "National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA" mit 45% eine nahezu normale Saison, mit 30% eine überdurchschnittlich aktive und mit 25% eine inaktive Saison. In Zahlen ausgedrückt wären das 10 bis 16 benannte Stürme (Hurrikan Alex vom Januar bereits mit einberechnet), wobei 4 bis 8 zu Hurrikanen und 1 bis 4 zu sehr starken Hurrikanen heranwachsen sollen. Andere Vorhersagen sehen gar das Potential, dass diese Saison die aktivste seit 2012 werden könnte. Die großen Unsicherheiten werden jedoch bei allen Vorhersagen deutlich hervorgehoben.
Über dem Ostpazifik wird eine normale Saison erwartet (40%) mit jeweils einer 30%-igen Chance für eine überdurchschnittlich aktive oder inaktive Saison. Das würde 13 bis 20 benannte Stürme, 6 bis 11 Hurrikane und 3 bis 6 starke Hurrikane beinhalten.
Im Gegensatz zur letztjährigen äußerst aktiven Saison sollte die diesjährige über dem Nordwestpazifik ruhiger verlaufen, wobei 13 Taifune (16) (ein Taifun ist das Äquivalent zu einem Hurrikan), 6 starke Taifune (9)und 22 tropische Stürme (26) erwartet werden. Die Zahlen in den Klammern geben das 51-jährige Mittel von 1965 bis 2015 wider. In Prozenten bedeutet dies, dass die Taifunsaison mit 60% inaktiv, mit 32 % normal und mit nur 8% zu aktiv verlaufen wird.
Bisher spiegeln sich die Vorhersagen in der Realität doch recht gut wider. Über dem Nordwestpazifik gab es noch nie einen so ruhigen Start in eine Tropensturmsaison mit bisher noch keinem einzigen beobachteten Sturm. Derweilen hat der Nordatlantik einen fast schon rekordverdächtigen Start mit gleich 4 benannten Systemen hingelegt. Darunter fielen jedoch nur 1 Hurrikan ("Alex") und 3 sehr kurzlebige und schwache Tropenstürme mit den Namen "Bonnie", "Colin" und "Danielle".
Unabhängig ob die Saison nun aktiv wird oder nicht, überall in den genannten Bereichen muss jederzeit damit gerechnet werden, dass sich ein kräftiger Tropensturm zusammenbrauen und mit Sturm und sintflutartigen Regenfällen Zerstörung bringen kann. Dafür braucht es nur einen einzigen Tropensturm. Bleibt nur zu hoffen, dass sich in diesem Jahr die meisten Tropenstürme über Wasser austoben und als sogenannte "Fischstürme" (=ohne Landgang) in die Geschichtsbücher eingehen werden.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.07.2016
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