Frankreich vs. Deutschland - das Wetter spielt mit

Wer erinnert sich nicht an den 29.05.2016, als in einem EM-Vorbereitungsspiel der deutschen Mannschaft gegen die Slowakei in Augsburg das Wetter das Geschehen auf dem Platz in eine Nebenrolle drängte und wolkenbruchartige Regenfälle, Hagel und Blitzschlag eigentlich zu einem Spielabbruch hätten führen müssen? Nun, es wurde zu Ende gespielt, die Löw-Elf verlor 1:3, was knapp einen Monat später in Frankreich aber korrigiert werden konnte (3:0). Am heutigen Donnerstagabend nun kommt es in Marseille zu einem weiteren, ungleich wichtigeren Spiel der DFB-Auswahl. Gegen Gastgeber Frankreich geht es um den Einzug ins EM-Finale, das am kommenden Sonntagabend in Paris ausgetragen wird. Fragen zu diesem Spiel gibt es gefühlt tausende: lässt Löw Dreier-, Vierer- oder Fünferkette spielen, wer kommt für Khedira (der Verfasser würde für Weigl plädieren, das aber nur am Rande), wer spielt im Sturm, trifft Müller endlich und, und, und.
Wichtig ist aber noch eine ganz andere Frage - und da wären wir wieder beim Eingangsstatement -, nämlich, was macht das Wetter: in Frankreich, speziell in Marseille, aber natürlich auch in Deutschland, wo viele Fans ein Public-Viewing der klassischen Betrachtung aus der Couch- und Sesselperspektive den Vorzug geben? So viel vorweg, die Natur bzw. die Atmosphäre meint es gut mit den Fußballern und Fans, was ja beileibe keine Selbstverständlichkeit ist in diesem Sommer 2016. Sowohl unser südwestliches Nachbarland als auch wir profitieren am heutigen Donnerstag von einer Hochdruckzone, die sich ausgehend vom berühmten Azorenhoch bis weit auf den europäischen Kontinent erstreckt und sogar einen eigenen Namen trägt - Hoch ZACHARIAS. Er - respektive das Hoch - sorgt in beiden Ländern tagsüber für viel Sonnenschein und vor allem für trockene Verhältnisse, die auch während des Spiels sowie in der Nacht zum Freitag andauern.
Einen kleinen Schönheitsfehler hat das ganze Wetterkonstrukt aber doch. Über Nord- und Nordostdeutschland ziehen dichtere Wolkenfelder hinweg, deren Entstehung dem Tief SCHEKIBA in die Schuhe geschoben werden dürfen, das von Schottland aus gen Norwegen unterwegs ist. Immerhin ist die "Dame" so gnädig, beim Regen deutlich weniger offensiv an die Sache heranzugehen als bei der Bewölkung. So kann es hier und da gelegentlich zwar mal etwas regnen oder nieseln, vor allem im äußersten Norden, die ganz großen Regengüsse oder gar Wolkenbrüche stehen allerdings nicht auf der Karte, so dass bei vielen die innere Flüssigkeitszufuhr die äußere um Längen übertreffen dürfte.
Und was machen die Temperaturen? In Marseille steigen sie heute Nachmittag auf knapp über 30 Grad. Während des Spiels wird es nicht mehr ganz so heiß sein, im vergleichsweise engen Stadionkessel dürfte die Temperatur aber immer noch in den hohen bis mittleren "Zwanzigern" liegen - recht mollig also, aber eigentlich kein Problem für eine Mannschaft, die im überwiegend tropischen Klima Brasiliens nach sieben Spielen Weltmeister geworden ist.
Bei uns in Deutschland wird es tagsüber nicht so heiß wie in Südfrankreich, so dass auch die Abendtemperatur niedriger ist. Als Faustregel gilt für den Spielbeginn um 21 MESZ: Im Süden und Westen um oder etwas über 20 Grad, wobei es in den Metropolen allgemein etwas wärmer ist (und in der Nacht auch bleibt) als "auf dem Land". Nach Norden und Osten hin liegen die Anpfiffwerte bei 16 bis 19 Grad, was aber durch ein hoffentlich erwärmendes Spiel kaschiert wird. Die beigefügte Abbildung zeigt die Verhältnisse einiger ausgewählter deutscher Großstädte um 21 MESZ.
Also, das Wetter spielt heute Abend mit, nun sind Jogi´s Jungs gefordert -schwierig aber machbar, vor allem wenn Müller mal treffen würde. Schaun mer mal...


Dipl.-Met. Jens Hoffmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.07.2016

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