Nennen Sie es, wie Sie möchten: Schaukelsommer, Wankelsommer, Achterbahnsommer, "Hin und Her"-Sommer - das Auf und Ab in diesem Sommer geht weiter. Nach einer vielerorts kühlen, allenfalls mäßig warmen, manche würden sagen, recht "wohl temperierten" Wetterphase, geht es in diesen Tagen wieder steil bergauf. Es wird deutlich wärmer, in einigen Regionen Deutschlands sogar heiß. Dabei wäre es schon ziemlich verwunderlich, wenn das beliebte und allseits bekannte Wort der "Hitzewelle" nicht schnell die Runde machen würde. Viel zitiert, in der Umgangssprache etabliert und doch ein bisschen nebulös: Wissen Sie, ab wann man von einer Hitzewelle spricht?
Um gleich ein wenig Dampf vom Kessel zu nehmen, eine eindeutige Definition wird auch dieser Artikel schuldig bleiben. Einen allgemeingültigen Terminus gibt es nämlich nicht, vielmehr findet sich ein regelrechter Bezeichnungs-Dschungel, der an Artenvielfalt kaum zu überbieten ist. Und das ist nicht mal unsinnig! Denn das Hitze- oder Wärmeempfinden ist nicht nur subjektiv, Hitze sollte auch nur relativ zum typischen Wetter- bzw. Temperaturniveau in einer bestimmten Region für eine bestimmte Jahreszeit gemessen werden. Die Herangehensweise bei der Berechnung eines "Hitzeindex" und damit die Auswahl der Messgrößen können je nach "Zielgruppe" zwar auch deutlich voneinander abweichen, letztendlich berücksichtigen die meisten aber im Wesentlichen die beiden Hauptfacetten einer Hitzewelle: den soziologischen Aspekt (abzielend auf die Auswirkungen der Hitze auf das "alltägliche Leben" bzw. dessen Anpassung) und den physiologischen Aspekt (abzielend auf die Auswirkungen der Hitze auf den menschlichen Körper).
Bekanntlich lässt sich aus allem eine Wissenschaft machen. Das gilt, wie sie sicher unschwer bemerkt haben, auch für die Definition einer Hitzewelle. Heruntergebrochen auf ein allgemeinverständliches Niveau, bezeichnet eine Hitzewelle mit soziologischer und physiologischer Dimension einen länger andauernden Zeitraum mit ungewöhnlich hohen Temperaturen bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit - salopp ausgedrückt so richtig schwül-heißes, drückendes Schwitzwetter. In der Praxis geht man mit der Vereinfachung mitunter noch einen Schritt weiter, indem man nur noch die Lufttemperatur betrachtet. In Deutschland spricht man nach TINZ et al. (2008) so z. B. von einer Hitzewelle, wenn über fünf Tage hinweg eine Höchsttemperatur von über 30 Grad Celsius erreicht wird. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ließ es sich als "tonangebendes Organ" in Belangen der Meteorologie einst nicht nehmen, auch für die Hitzewelle eine standardisierte Definition zu postulieren. Laut WMO tritt dann eine Hitzewelle ein, wenn der vieljährige Durchschnitt der Tageshöchsttemperatur an einem bestimmten Ort für fünf Tage und mehr um mindestens 5 Grad überschritten wird.
Zieht man die gebräuchliche "TINZsche Variante" heran, wird es in den meisten Regionen Deutschlands in den kommenden Tagen kaum für eine Hitzewelle reichen. Denn der Höhepunkt der nun angelaufenen Wärmeperiode mit Höchsttemperaturen verbreitet um oder über 30 Grad wird bereits für die Wochenmitte erwartet. Danach gehen die Temperaturen von Nordwesten her schon wieder langsam zurück (siehe die Grafik der Tageshöchsttemperaturen für Hamburg und Freiburg auf www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/7/17.html). Der äußerste Norden und Nordosten wird von der Hitze eh nur peripher tangiert. Unter gebührender Berücksichtigung der Vorhersageunsicherheiten ab Wochenmitte, könnte es am ehesten im Süden und Südwesten was werden mit der Hitzewelle. Dort wird es am schnellsten heiß und auch noch nach Wochenmitte pendeln sich die Höchsttemperaturen möglicherweise bei Werten um 30 Grad ein.
Der Begriff der Hitzewelle ist im Hinblick der vielfältigen Definitionsmöglichkeiten überaus dehnbar, die Beantwortung der Frage, ob eine solche tatsächlich ansteht, daher müßig. Fakt ist, es wird sehr warm, teils heiß und schwül mit hoher Wärmebelastung - dazu mehr im morgigen Tagesthema.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.07.2016
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