Nun ja, verglichen mit dem, was wir hierzulande unter "Sommer" verstehen, sind die Temperaturen in Grönland doch eher etwas unterkühlt. Aber trotzdem lässt sich, nachdem knapp zwei Drittel des meteorologischen Sommers vergangen sind, eine durchaus positive Bilanz ziehen. So war es abgesehen von den allersüdlichsten Küstenorten, wo die Temperaturen nahe dem Normalwert lagen, in weiten Teilen der größten Insel der Welt überdurchschnittlich warm. Die Abweichungen betrugen dabei zwei bis vier Grad.
In der Hauptstadt Nuuk (deutsch "Kap", dänisch Godthåb ("gute Hoffnung"), Lage siehe Abbildung unter
http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/7/28.html) gab es im Juni und im bisherigen Juli 18 Tage mit über 15 °C, davon an 11 Tagen mehr als 18 °C. Am wärmsten war es am 9. und 10. Juni, als mit 24,7 °C sogar fast die deutsche Definition eines "Sommertages" erfüllt wurde. In Nuuk beträgt das Tagesmaximum im Klimamittel im Juni übrigens 7,0 °C und im Juli 9,9 °C. In diesem Jahr liegen die mittleren Tagesmaxima bei 12,6 bzw. bei (vorläufig) 14,0 °C.
Auch im noch weiter nördlich liegenden Ilulissat ("Eisberge", dän. Jakobshavn) verzeichnete man in den beiden Sommermonaten an 12 Tagen über 15 °C, davon an drei Tagen über 18 °C. Die höchste Temperatur wurde am 16. Juli mit 19,4 °C erreicht.
Am Flughafen in Kangerlussuaq ("langer Fjord", dän. Søndre Strømfjord) lag die Temperatur sogar an 33 Tagen über 18 °C und erreichte am 10. Juni mit 23,0 °C ihren Höchstwert. Im Klimamittel betragen die Tagesmaxima in Kangerlussuaq im Juni 13,9 °C und im Juli 16,3 °C, in diesem Jahr sind es 15,4 bzw. 18,7 °C. Dass es dort wärmer als in den beiden anderen Orten ist, liegt unter anderem daran, dass Kangerlussuaq schon recht weit vom offenen Meer entfernt liegt und ein gewisses "Binnenklima" aufweist.
Grönland ist - selbst im Sommer - von kaltem Meerwasser umgeben. Wenn warme Luft über das kalte Meer geführt wird, kondensiert der in ihr enthaltene Wasserdampf über der Wasseroberfläche und es bildet sich Nebel. Dieser Nebel hält sich mitunter lange Zeit über dem Meer und kann sich auch landwärts ausbreiten. In diesem Fall wird dann dort, wo dies geschieht, aus einem warmen und sonnigen plötzlich ein nasskalter Tag. Solche Nebelbänke lassen sich vor der Südwestküste Grönlands auf dem von der NASA zur Verfügung gestellten Satellitenbild vom 26.07.2016 (siehe Abbildung) erkennen.
In den nächsten Tagen hält die "warme" Witterung in Grönland inklusive der Unsicherheit des für die Küstenorte temperaturdämpfenden Seenebels im Großen und Ganzen weiter an.
M.Sc. Met. Stefan Bach
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.07.2016
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