Der Sommer präsentiert sich aktuell ja in ganz ordentlicher Form, zumindest im Süden und Westen. Mehr Wolken waren am gestrigen Montag dagegen vor allem im Norden unterwegs, teilweise in Form klassischer Quellwolken, teils zogen dort aber auch hohe Wolken (Cirren), die aus Eiskristallen bestehen, durch.
Letztere werden in den Wetterberichten gerne als "dünne" Wolken bezeichnet. Die Idee dahinter ist klar: Es soll ausgedrückt werden, dass es einerseits nicht wolkenlos ist, die Wolken auf der anderen Seite aber den schönen Wettercharakter nicht oder nur wenig trüben. Etwas fachmännischer kommt diese Aussage natürlich daher, wenn man von der geringen optischen Dicke der Cirruswolken spricht. Die optische Dicke ist, ganz allgemein gesagt, ein Maß dafür, wie gut oder schlecht elektromagnetische Strahlung (also auch das Sonnenlicht) durch ein optisches Medium hindurch geht. Letztendlich drückt man für die Cirren mit der Formulierung "dünn" also aus, dass die Sonnenstrahlung durch sie kaum abgeschwächt wird.
Klar, werden jetzt viele denken, ist doch logisch! Durch dünne Wolken sieht man die Sonne. Dass diese Assoziation so naheliegend ist, finden wir Meteorologen natürlich super, denn dann ist die Vorhersage klar verständlich, was leider nicht immer der Fall ist und nicht für jede Formulierung in unseren Texten gilt. Andererseits ist die Assoziation grundfalsch, denn im Winter kann schon eine dünne Nebel- oder Hochnebeldecke von weniger als 100 Meter vertikaler Ausdehnung den Tag zu einem deprimierenden Einheitsgrau machen.
Aber das kann uns heute natürlich egal sein, wir bleiben doch lieber bei unseren sonnigen Sommercirren. Das Sonnenlicht wird durch sie zwar nur wenig abgeschwächt, aber es wird abgeschwächt, das werden Betreiber einer Photovoltaikanlage sicher bestätigen können. Die "Sonnenausbeute" am Boden - und das ist jetzt wirklich logisch und offensichtlich - wird natürlich umso größer, je kleiner die Fläche ist, die sie überdecken. Also wenn schon dünne Wolken, dann doch bitte nicht nur dünn, sondern auch schmal.
Dünne schmale Wolken, genau solche waren heute Morgen über großen Teilen der Mitte Deutschlands zu sehen, wie die beigefügte Grafik zeigt. Dargestellt ist ein hochaufgelöstes Satellitenbild des europäischen Wettersatelliten METEOSAT von 7:15 MESZ. Von Benelux über den Westen und Teile der Mitte Deutschlands bis nach Sachsen und Nordbayern (innerhalb des roten Kastens) sind die besagten schmalen dünnen Wolkenstreifen zu erkennen. Diese beeinflussen den Wettercharakter tatsächlich nur wenig, nachdenklich machen sie aber auf Grund ihrer großen Zahl trotzdem, handelt es sich dabei doch um Kondensstreifen, die sich am morgendlichen Himmel präsentieren. Diese werden zwar wolkenklassifikatorisch zu den Cirren gerechnet und passen somit in unsere Überlegungen, aber sie sind, als gefrorener Wasserdampf von Flugzeugtriebwerken, natürlich "unnatürlich".
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.08.2016
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