Mit nur kurzen Unterbrechungen macht der Sommer in Deutschland in diesen Wochen seinem Namen nochmal alle Ehre, wenngleich er meteorologisch seit dem ersten September bereits Geschichte ist. Das sommerliche Feeling äußerte sich nicht nur mit Sonnenschein und Wärme, sondern auch durch fehlenden Niederschlag. Als nun am Sonntag die ersten Regentropfen seit längerer Zeit fielen, hatte man mancherorts wieder diesen typischen und allseits bekannten Geruch in der Nase. "Es riecht nach Regen", hört man dann die Leute häufiger sagen.
Aber wie kann es sein, dass Regen riecht? Wasser ist doch in der Regel geruchslos. Geht man dieser Frage auf den Grund, stößt man auf den Begriff "Petrichor" und die Arbeit zweier australischer Forscher, die bereits mehr als 50 Jahre alt ist. I.J. Bear und R.G. Thomas haben darüber im Magazin "Nature" im Jahre 1964 geschrieben und diesem typischen Geruch den Namen gegeben. "Petrichor" leitet sich von den beiden Wörtern "petros" (griech.: Stein) und "Ichor" (griech.: die Flüssigkeit in den Adern der griechischen Götter) ab.
Die Voraussetzungen für den typischen Regengeruch sind eigentlich recht simpel: Es darf längere Zeit nicht geregnet haben, damit die Böden gut ausgetrocknet sind. Ideal für einen intensiven Geruch sind Lehmböden. Aber wodurch wird dieser Geruch nun eigentlich verursacht?
Verantwortlich dafür ist ein bestimmtes gelbfarbenes Öl. Dieses wird von Pflanzen bei Trockenheit produziert und bindet sich an Tonminerale und andere Partikel. Setzt nun Regen ein, so verbindet sich dieses Öl mit einem Stoff namens Geosmin, der den typischen Erdgeruch verursacht. Fallen Regentropfen mit einer hohen Geschwindigkeit auf den staubigen Boden, schließen sie winzig kleine Luftbläschen in der Staubschicht ein, die dann nach oben aus dem Tropfen herausplatzen. Die mitgerissenen Staubteilchen tragen auch den Duftstoff mit sich, der auf diese Art freigesetzt und durch Luftverwirbelungen nach oben befördert wird. Dieser Prozess wurde auch mit Hochgeschwindigkeitskameras nachvollzogen. Man kann sich das am einfachsten vorstellen, wenn man die Kohlendioxidbläschen in einem Glas Mineralwasser vor Augen hat.
Wieviel Duftstoff freigesetzt wird, ist stark davon abhängig, wie durchlässig der Boden ist. Wie bereits erwähnt sind Lehmböden, bestens geeignet. Entscheidend ist aber auch, wie stark es regnet. Ideal ist leichter Regen. Bei Starkregen wird die Freisetzung der Duftstoffe hingegen rasch unterbunden, da eine Blasenbildung durch die schnelle Durchnässung des Substrates deutlich verringert wird.
Manche Leute meinen sogar, dass sie es riechen können, wenn es bald zu regnen beginnt. Auch das lässt sich in manchen Fällen erklären. Mit Annäherung eines Regengebietes steigt in der Regel die Luftfeuchtigkeit. Dadurch lagert sich an den Poren von Steinen und Erde eine dünne Schicht Feuchtigkeit an. Dies wiederum bewirkt, dass der Duftstoff bereits in sehr geringen Mengen freigesetzt wird. Mit einem feinen Näschen ist es also durchaus möglich den Geruch auch schon vorher wahrzunehmen.
Es gibt also einen Grund für den typischen Regengeruch. Diesen wird man aber so schnell erst einmal nicht wieder riechen. Nachdem letzte Niederschläge in Südostbayern am heutigen Dienstag nachlassen, ist frühestens zum Wochenende in einigen Gebieten wieder mit Regen zu rechnen. Bis dahin kommt das sommerliche und trockene Wetter im ganzen Land zurück. Frühestens zum Sonntag kann man seine Nase dann aber wieder trainieren.
Übrigens: Man mag es nicht glauben, aber den Geruch von Petrichor kann man tatsächlich auch als Parfüm kaufen!
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.09.2016
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