Das Tiefdruckgebiet "ex-Karl", das am heutigen Dienstagmorgen auf unseren Wetterkarten mit Zentrum im Seegebiet südwestlich von Island zu finden ist und auch unser Wetter in Deutschland beeinflussen wird, war ehemals ein tropischer Sturm. Derzeit führt es seine Existenz noch als außertropisches Tiefdruckgebiet weiter, bevor es in den nächsten Tagen zum Nordmeer weiterzieht und sich langsam auffüllt.
"Ex-Karl" hatte sich am 14. September 2016 nachmittags in der Nähe der Kapverdischen Inseln bei etwa 17 Grad nördlicher Breite und 25 Grad westlicher Länge als sogenannte "Tropische Depression" (oder auch "Tropische Störung") gebildet und die vorläufige Bezeichnung "Twelve" bekommen (siehe dazu die Grafik zur Zugbahn von "Karl" unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/9/27.html). In der Nacht zum 16. September wurde bei der retrograden Wanderung des Wirbelsturms mit der Strömung gen Westen aus "Twelve" der Tropensturm "Karl". Ein paar Tage später bog der Wirbelsturm in nordwestliche Richtung ab und zog knapp an den Bermudas vorbei, wobei er dort auf den Inseln trotz stärkerem Regen kaum größere Schäden anrichtete.
Seit dem vergangenen Sonntag (25. September) hat "Karl", nachdem er nun in nordöstliche Richtung weiterzog, die sogenannte Westwindzone, die sich etwa zwischen 40 und 60 Grad nördlicher Breite befindet, erreicht. Bei der Eingliederung in diese hat er sich nach Angaben des amerikanischen National Hurricane Center (NHC) bei etwa 40 Grad nördlicher Breite und bei 48 Grad westlicher Länge von einem tropischen Sturm zu einem außertropischen Tief umgewandelt, weshalb nun die Bezeichnung "ex" dem Namen vorangestellt wurde. Bei der Einbindung von "Karl" in die Westwinddrift wurde er von einem dort vorhandenen Tief aufgenommen, was aber sonst nicht unbedingt die Regel ist.
Die Umwandlung von einem Tropensturm in ein außertropisches Tief wird in der Meteorologie "Extratropical Transition" (ET, englisch für "außertropischer Übergang") genannt. Die Vorgänge dabei sind komplex, was vor allem die Vorhersage schwierig und weitere Forschung notwendig macht.
Die Vorhersageproblematik umfasst mehrere Aspekte. Zum einen erhöht sich bei der ET die Verlagerungsgeschwindigkeit des Tiefs von im Mittel 5 m/s auf zum Teil 20 m/s, wodurch die Vorhersage der zukünftigen Lage des Tiefs erschwert wird. Des Weiteren geht die Entwicklung des Tiefs bei der ET häufig mit kräftigem Druckfall einher, obwohl es sich zuvor auf dem Weg nach Norden durch ungünstigere thermische Bedingungen meist erst einmal abschwächt. Darüber hinaus sind tropische Systeme oft relativ kleinräumig, sodass die globalen Modelle mit ihren gröberen Maschenweiten diese nicht vollständig auflösen (erfassen) können, was die Vorhersage weiter erschwert.
Alle Aspekte zusammen sorgen dafür, dass die Prognosen der ET eines Tiefs und die damit zusammenhängenden Wetterelemente (z.B. Niederschlag und Wind) insgesamt mit größeren Unsicherheiten behaftet sind. Nach der Umwandlung nimmt das Tief dann typische Eigenschaften eines normalen außertropischen Tiefs an und die Vorhersage wird wieder besser.
Die Ausläufer von "ex-Karl" werden in der Nacht zum Mittwoch und am Mittwoch den Norden und Nordwesten von Deutschland erreichen. Dabei schwächt sich die Wetteraktivität allerdings ab, weil das über Frankreich sich kräftigende Hoch "Otto" stark dagegen hält. Für etwas Regen im Norden und Nordwesten wird es aber reichen, zudem frischt dort der Wind spürbar auf. In der Nordhälfte können dann Böen der Stärke 7, exponiert auch der Stärke 8 auftreten.
Anschließend zieht "ex-Karl" ins Nordmeer weiter und wird für unser Wettergeschehen keine Rolle mehr spielen. Ob er sich danach auflöst oder noch ein paar Tage weiter existiert, ist noch nicht ganz klar. Eine Lebensdauer von über 14 Tagen für ein derartig "weit gereistes" Tief ist durchaus nichts Ungewöhnliches.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.09.2016
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst