Vor drei Tagen wurde bereits im Thema des Tages vom in der Karibik wütenden Hurrikan Matthew und seinen Besonderheiten berichtet. Am heutigen Freitag soll es nun darum gehen, was Matthew meteorologisch bisher so trieb und wie das Ganze aus mitteleuropäischer Sicht einzuordnen ist.
Matthew hat sich - wie alle Wirbelstürme - nicht entsprechend seiner Windgeschwindigkeit mit 200 Stundenkilometern, sondern deutlich langsamer - etwa wie in einer verkehrsberuhigten Zone - mit knapp 30 km/h verlagert. Er zog bei wechselnder Intensität bis zur höchsten Kategorie 5 von der Karibik Richtung Nordamerika und liegt nun zwischen Florida und den Bahamas als Hurrikan der Kategorie 4. An seinem Westflanke fällt zur Zeit an der Ostküste Floridas verbreitet kräftiger Regen bei gemessenen Böen der Stärke 11, auf den Bahamas auf seiner Ostflanke der Stärke 12.
Im Detail kann man sich z.B. die Zugbahn bei
http://www.tropicalstormrisk.com ansehen. Klicken Sie dort rechts auf die Region N Atlantik und dann auf den Namen des Hurrikans, den sie betrachten wollen.
Kann man aber diese Windgeschwindigkeiten von Hurrikans beispielsweise mit denen der europäischen Orkane Lothar oder Kyrill vergleichen? Leider nicht direkt, denn bei uns werden Windgeschwindigkeiten im 10-Minutenmittel oder als Böen gemessen. Die Böen sind dabei das absolute Maximum der Anzeige eines Windmastes in einer Zeitspanne. Hurrikanstärken dagegen sind durch einen 1-Minutenmittelwert definiert, also schon deshalb nicht direkt mit unseren Werten zu vergleichen.
In Bezug auf Hurrikans entspricht die Kategorie 1 Werten Windgeschwindigkeiten größer 135 km/h, die Kategorie 2 größer 175 km/h. Mehr brauchen wir für den Vergleich nicht, denn höhere Geschwindigkeiten sind bisher in den Niederungen nicht gemessen worden.
Selbst die höchsten, bei uns in den Niederungen gemessenen Böen erreichten nur die Kategorie 1. Vermutlich hätten die einminütigen Mittel nicht mal Hurrikanstärke erreicht.
Sie sehen also, im Vergleich zu einem Hurrikan auch der niedrigeren Kategorien weht selbst bei einem Jahrhundertereignis wie Lothar oder Kyrill bei uns in den Niederungen ein eher nur "laues Lüftchen". Die Schäden eines Hurrikans sind oftmals aber nicht durch den Wind, sondern vor allem auch durch die enormen Starkniederschläge geprägt. 24-stündige Niederschlagsmengen im dreistelligen Bereich sind durchaus üblich. Das gibt es allerdings auch bei uns, natürlich immer mit Überschwemmungen verbunden. In den Hurrikanregionen fällt der Regen zusätzlich vielfach auf abgedeckte Häuser, wirkt also als Überschwemmung von unten und von oben.
Wie wir den Medien entnehmen, war bisher insbesondere Haiti von Matthew betroffen.
Dort wurden aufgrund der katastrophalen Zustände leider 10 Stunden die Messungen eingestellt bzw. nicht verbreitet. Von der Dominikanischen Republik gibt es aber glaubwürdige Messungen von 264 l/qm innerhalb 24 Stunden in Grenznähe zu Haiti.
Wie geht es nun mit Matthew weiter?
Das ist natürlich schwierig vorherzusagen und die allfälligen Vorhersagefehler sind hochrelevant für die umfangreichen Vorsorgemaßnahmen. Die Modellrechnungen lassen naturgemäß zu unterschiedliche Aussagen zu. Konsens ist eine Zugbahn mehr oder weniger parallel zur Küste Nordamerikas mit einem Restrisiko, dass das Zentrum sogar kurzzeitig aufs Festland übergreift mit entsprechender Ausdehnung der Hurrikanwirkung ins Landesinnere. Bei seiner Verlagerung nordostwärts soll sich Matthew aber abschwächen. Etwa in Höhe von Charleston(South Carolina) wird er sich ostwärts aufs offene Meer begeben und nach Süden, wieder Richtung der Bahamas ziehend, sein Hurrikanleben allmählich aushauchen.
Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.10.2016
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