Wetter, ein Stimmungsmacher?

Deutschland wird zurzeit nicht gerade mit Sonnenschein verwöhnt. Auch die Wetterprognosen für die kommenden Tage machen nur wenig Hoffnung auf einen "Goldenen Oktober". Zwar wird es milder, insgesamt überwiegen aber weiterhin meist die Wolken und selbst von Niederschlägen bleiben wir nicht gänzlich verschont. Einige mögen sich angesichts dieser Aussichten am Rande einer quasi-depressiven Phase wähnen, soll solch trübes, feuchtes Wetter doch auf die Stimmung schlagen. Also Trübsal blasen bei Regen und Freudensprünge machen bei Sonnenschein? Oder sind wetterbedingte
Stimmungsschwankungen doch nur Einbildung?

Eine allumfassende Definition von "Stimmung" im Sinne der Psychologie würde den Rahmen dieses Tagesthemas sprengen und weit über die Expertise des Autors hinausgehen. Blättern wir also mal schnell im "Lexikon der Psychologie": Dort wird die Stimmung als "länger andauernder Gefühlszustand" bezeichnet, der unsere Wahrnehmung und unser Handeln wesentlich beeinflussen kann.

Dass sich das Wetter auf unseren Organismus direkt auswirkt, liegt auf der Hand. So lassen uns beispielsweise hohe Temperaturen und Hitze schwitzen, Kälte und Feuchtigkeit mitunter zittern. Da aber unsere Stimmung sowohl mit unseren Gedanken und Gefühlen als auch unseren Handlungen eng verzahnt ist, liegt der Verdacht nahe, dass nicht nur der Wetterzustand an sich, sondern auch dessen subjektive Wahrnehmung unsere individuelle Stimmungslage beeinflusst. Das Wetter ist also nur deshalb "schlecht" oder "gut", weil wir es selbst dazu machen. Das heißt, regnerisches und kaltes Wetter muss nicht für jedermann ein Stimmungskiller sein, genauso wie sich sonniges und warmes Wetter nicht bei jedem sofort euphorisierend auswirken muss.

Der Einfluss des Wetters auf den Gemütszustand hängt also wohl wesentlich vom eigenen "Wetterpersönlichkeitstyp" ab. In diese Kerbe schlägt beispielsweise die noch recht junge Arbeit von "Klimstra et al." (2011). Demnach soll es die sogenannten "Sommerliebhaber" geben, die bei überdurchschnittlich viel Sonnenschein und hohen Temperaturen glücklicher, weniger angsterfüllt und weniger gestresst sind als bei überdurchschnittlich langen Regenphasen. Genau gegensätzlich verhält es sich bei den "Sommerhassern". Die Gruppe der "Regenverächter" ist während langen niederschlagsreichen Phasen unglücklicher und häufiger schlecht gelaunt. Besonders interessant ist aber die Erkenntnis, dass die größte Gruppe (fast die Hälfte der Untersuchten) von den Wetteränderungen in hohem Maße unberührt blieb.

An dieser Stelle soll dem Leser aber nicht vorenthalten werden, dass die Arbeit von "Klimstra et al." nur eine von unzähligen wissenschaftlichen Untersuchungen ist, die die Verbindung zwischen Wetter und Stimmung zum Gegenstand haben und zum Teil zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Dabei könnte die kontroverse Diskussion gerade der Hinweis darauf sein, dass es keinen kausalen
"Universalzusammenhang" zwischen Wetter und Stimmung gibt, sondern das eigene Empfinden maßgeblichen Anteil an der "Stimmungsmache" hat.


Das Wetter beeinflusst unsere Stimmung vielleicht weniger, als wir glauben. Nehmen Sie daher Vorhersagen scheinbar "schlechten" Wetters nicht zu ernst. Es wäre doch jammerschade, wenn das Wetter als höhere Gewalt über die eigene Stimmungslage entscheiden würde.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.10.2016

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