Niedrigwasser im Rhein

Der Rhein gehört zu den bedeutendsten Wasserstraßen Europas. Neben der Personenschifffahrt sind es vor allem die Millionen Tonnen an Fracht, die jährlich Fluss auf und ab verschifft werden. Aktuell ist die Schifffahrt auf dem Rhein aber eingeschränkt, denn der Fluss führt Niedrigwasser.

Nachdem das Frühjahr und der Frühsommer 2016 im Rheineinzugsgebiet im Vergleich zum vieljährigen Niederschlagsmittel überdurchschnittlich nass ausfielen, wurden ab Juli deutliche Niederschlagsdefizite verzeichnet. Grund dafür waren die oft über einen längeren Zeitraum anhaltenden Hochdruckwetterlagen über Mitteleuropa. Aufgrund des niederschlagsarmen Wetters sank der Wasserstand des Rheins in den letzten Monaten kontinuierlich ab.

So ist beispielsweise der Pegel in Düsseldorf mittlerweile auf einen Wasserstand von 76 cm gefallen (Stand Dienstagvormittag). Er liegt somit deutlich unterhalb des mittleren Wasserstandes von 284 cm (gemittelt über die Jahre von 2000 bis 2010). Ebenfalls groß ist die Abweichung vom langjährigen Mittelwert am Pegel in Worms. Im Mittel weist der Wasserstand dort eine Höhe von 210 cm auf, derzeit sind es gerade mal 50 cm. Dabei sollte noch erwähnt werden, dass der Pegelstand nicht die gesamte Tiefe eines Gewässers angibt, sondern für jeden Ort individuell in Relation zu einem Pegel-Nullpunkt betrachtet wird. Dieser liegt in der Regel knapp unterhalb des bislang niedrigsten gemessenen Wasserstandes.

Ähnlich niedrig waren die Pegelstände beispielsweise im November 2011, als der Herbst zumindest im Südwesten und Westen ebenfalls zu trocken ausfiel. Von Rekordwerten sind wir in diesem Jahr aber noch weit entfernt. Die bislang niedrigsten Wasserstände an den genannten Stationen wurden Ende September 2003 gemessen. Damals lag der Pegel in Worms bei 16 cm, in Düsseldorf bei 40 cm.

Nicht unerwähnt sollen an dieser Stelle die anderen Flüsse in Deutschland bleiben, die neben dem Rhein und einigen seiner Nebenflüsse ebenfalls vom Niedrigwasser betroffen sind. Dazu gehört derzeit vor allem die Weser, aber auch an Donau und Ems macht sich das Niederschlagsdefizit bemerkbar.

Im Vergleich zu einem Hochwasser sind die hervorgerufenen Schäden eines Niedrigwassers zwar nicht unmittelbar zu erkennen, dennoch sind die Auswirkungen weitreichend. Die Befahrbarkeit des Rheins ist zwar noch nahezu überall gegeben, Frachtschiffe sind aber gezwungen, mit reduzierter Ladung zu fahren. Um die Güterversorgung trotzdem zu gewährleisten, muss die liegengebliebene Fracht auf weitere Schiffe oder über andere Transportwege, wie beispielsweise den Bahn- und Straßenverkehr verteilt werden. Verzögerungen gibt es aufgrund des aktuell niedrigen Rheinpegels auch beim Bau der neuen Schiersteiner Rheinbrücke, einem Autobahn-Nadelöhr zwischen Wiesbaden und Mainz. Solange der Rheinpegel nicht wieder ansteigt, kann ein notwendiges Brückenteil nicht "eingeschwommen" werden.

Auch wenn Schiffsführer und Bauarbeiter das Niedrigwasser mit Sorge sehen, gibt es doch auch interessante Aspekte. So gibt der Rhein immer mehr von seinen Uferbereichen frei, sodass Spaziergänger auf dem freigegebenen Flussgrund gehen können. Neben Muscheln und sicherlich dem ein oder anderen unschönen Müll kommen vielleicht auch versunken geglaubte "Schätze" wieder zum Vorschein.

Damit der Pegel des Rheins wieder ansteigt, bräuchte es nun einiges an Regen. In den nächsten Tagen bringt dann tatsächlich ein Tiefdruckgebiet über Mitteleuropa hierzulande wiederholt Niederschläge. Dabei können im Rheineinzugsgebiet regional zwischen 20 und 40 mm Regen fallen. Am Wochenende lässt die Niederschlagstätigkeit aber wieder nach. Ob anschließend weitere Regenfälle zu erwarten sind, ist momentan noch unsicher. Somit ist in den nächsten Tagen voraussichtlich nur mit einem leichten Anstieg der Pegel zu rechnen.


Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2016

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