Am 2. November lasen Sie im Thema des Tages wie üblich die Statistik der wärmsten und kältesten Orte Deutschlands im Oktober. Während die kältesten Orte Deutschlands aufgrund ihrer Lage nicht ganz überraschend im Erzgebirge zu finden waren, hat mancher sich sicher über den wärmsten Ort gewundert.
Bezüglich der Temperatur hieß der Oktobersieger 2016 Helgoland. Der Mittelwert erreichte dort 11,6°C. Auch die weiteren "Podestplätze" wurden mit Norderney und Hooksiel von Nordseeanliegern erreicht. Das ist nicht allzu ungewöhnlich.
Wie kommt es aber dazu, dass die im Jahresmittel auf Platz 253 (von 500) liegende Station Helgoland trotzdem fast erwartungsgemäß einen der ersten Plätze in der Temperaturtabelle belegt? (Dort ist es im Jahresdurchschnitt etwa 2 Grad kälter als an den wärmsten Stationen.)
Helgoland hat als einzige deutsche Hochseeinsel ein Seeklima. In diesem Klima wird die Temperatur im größten Teil des Jahres von der Wassertemperatur bestimmt.
Wasser hat im Vergleich zur Erdoberfläche eine höhere Wärmekapazität und wirkt also als Pufferspeicher. Das bedeutet, dass sich das Wasser wesentlich langsamer als die Luft erwärmt, aber auch langsamer abkühlt, was sich im Herbst auch in Helgoland bemerkbar macht. Während auf dem Festland die Temperatur vom Maximum bis Mitte September um vier Grad zurückgeht, sinken die Temperaturen in Helgoland bis dahin nur um 2 Grad. Damit rückt Helgoland in die Spitzengruppe der wärmsten Stationen vor. Dieser Effekt hält auch in den Folgemonaten an, sodass Helgoland im langjährigen Mittel im Oktober die zweitwärmste Station Deutschlands ist. Kein Wunder, dass die Insel oft auf Platz eins der Monatsstatistik für Oktober steht.
Bis Januar gehört Helgoland, zusammen mit einigen Stationen im Rheinland, zu den wärmsten Orten Deutschlands. Im November (7,6°C) und Dezember (4,4°C) ist Helgoland sogar im Mittel die wärmste Wetterstation Deutschlands.
Ab Februar allerdings zeigt sich die Kehrseite der Medaille. Während es ab Monatsmitte überall mit den Temperaturen steil bergauf geht, erreicht das Meer und damit auch die Temperatur in Helgoland seinen tiefsten Jahreswert. Im März, der im Deutschlandmittel etwa genau so warm ist wie der November, ist es auf Helgoland 4°C kühler als im November. Der Rückstand zu den Festlandsstationen wird im Mai und Juni so groß, dass Helgoland der kälteste Ort Deutschlands ist, wenn man von Bergstationen absieht.
Die scheinbar "verkehrte" Welt lässt sich also durch das Seeklima leicht erklären.
Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.11.2016
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