Mit Ostverlagerung des Schwerpunkts des weite Teile Europas überdeckenden Tiefdrucksystems strömte in der Nacht zum heutigen Dienstag von Nordosten her wieder etwas kältere Meeresluft heran. Damit verbunden war auch ein Absinken der Schneefallgrenze, sodass besonders in den zentralen Mittelgebirgen Deutschlands die Landschaft heute Früh einen wieder leicht winterlichen Charakter aufwies. Vereinzelt verirrten sich in starken Schauern Schneeflocken auch bis in die tieferen Lagen Norddeutschlands. Im Schwarzwald und an den Alpen gab es Stauniederschläge, die dort auch heute tagsüber anhalten werden. Im Wissen dieser Wetterentwicklung mussten bereits am Vortag die zu erwartenden Neuschneemengen abgeschätzt und in Warnungen umgesetzt werden.
Allerdings ist gerade die Bestimmung der erwarteten Neuschneehöhe nicht immer einfach. Zum einen gibt es im topographisch gegliederten Gelände lokale Stau- und Abschirmungseffekte, die bereits auf kleiner Distanz zu größeren Unterschieden führen können. Zum anderen ist die zu prognostizierende Neuschneehöhe unmittelbar von der Dichte des Neuschnees abhängig. Frischer Schnee kann ungefähr eine Dichte zwischen 50 und 200 kg/m³ aufweisen. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass 1 Liter pro Quadratmeter flüssiger Niederschlag bei sehr lockerem Neuschnee eine Schneedecke von 2 cm verursachen kann. Allerdings ist bei sehr nassem Schnee auch eine Ausbeute von nur 0,5 cm möglich. Mitentscheidend ist vor allem die Lufttemperatur, denn je tiefer die Temperatur ist, desto geringer ist auch die Schneedichte.
Zudem müssen die Straßenbelags- oder Bodentemperaturen beachtet werden. Insbesondere im Spätwinter oder ganz besonders im Frühling schmilzt bei entsprechend positiven Belagswerten eine größere Menge des gefallenen Schnees, bevor dieser auf den Straßen liegen bleibt. Unter Abwägung all dieser Faktoren wurde daher gestern die Entscheidung getroffen, dass die Alpen sowie der Schwarzwald oberhalb von 800 bis 1000 m mit einer Warnung vor markantem Schneefall (entspricht Stufe 2 von 4) versehen werden. Dargestellt wird dies in der Warnkarte mit einer Einfärbung in Orange. In den weiter nördlich gelegenen Mittelgebirgsregionen wurde hingegen eine gelbe Warnung vor leichtem Schneefall (entspricht Stufe 1 von 4) für ausreichend erachtet.
Allerdings hält der aktuelle spätwinterliche Charakter nicht lange an. Am Mittwoch wird die Warmfront eines Tiefs mit Kern zwischen Schottland und Island das Bundesgebiet überqueren und somit die Schneefallgrenze von Westen her deutlich ansteigen lassen. Besonders im Süden erreicht die Nullgradgrenze im weiteren Verlauf fast 2000 m. Zudem kommt es im Schwarzwald und an den Alpen erneut zu Staueffekten, allerdings fällt nun bis in höhere Lagen Regen. Daher muss im Warnmanagement abgeschätzt werden, ob die Kriterien für Dauerregen oder gar ergiebigen Dauerregen erreicht werden können.
Zudem werden der in höheren Lagen noch vorhandene Altschnee des Winters sowie der Neuschnee der letzten Tage zu schmelzen beginnen und zum Abfluss beitragen. Da solche Schmelzperioden unter Umständen auch relevant für die Hochwassersituation sein können, hat der Deutsche Wetterdienst den Parameter "Tauwetter" in seinem Warnkatalog. Als entscheidende Kenngröße wird dann das "Niederschlagsdargebot" verwendet, das aus der Summe des flüssigen Niederschlags und der Wasserabgabe aus der schmelzenden Schneedecke gebildet wird. Auch hier ist die Dichte der Schneedecke ein mitentscheidender Faktor. Altschnee erreicht im Spätwinter eine Dichte zwischen 300 und 500 kg/m³. Damit kann 1 cm schmelzender Schnee durchaus zwischen 3 und 5 Liter pro Quadratmeter zum Niederschlagsdargebot beitragen.
In Abwägung dieser Randbedingungen sind im Schwarzwald und am Alpenrand in den nächsten Tagen Warnungen vor Tauwetter sehr wahrscheinlich, ja sogar Unwetterwarnungen vor starkem Tauwetter durchaus möglich.
Mag. rer. nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.03.2017
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