In den vergangenen Wochen hörte man häufiger von Überschwemmungen in Peru. Heftige Regenfälle verursachten dort eine der schwersten Flutkatastrophen der letzten 20 Jahre. Zwar herrscht in Peru derzeit Regenzeit, dennoch sind die derzeitigen Regenfälle in diesem Ausmaß für die Regionen absolut ungewöhnlich. Wiederholt heftige Gewitter brachten Regenmengen von zum Teil über 200 mm innerhalb eines Tages. Dies ist das Doppelte bis Dreifache der bei uns in Deutschland üblichen Niederschlagsmenge für einen ganzen Monat. Häufig wurden diese Regenfälle mit dem El Nino-Phänomen in Zusammenhang gebracht. Als El Nino bezeichnet man eine Zirkulations- und Wassertemperaturanomalie im mittleren Pazifik, die häufig um die Weihnachtszeit auftritt. Daher hat El Nino auch seinen Namen, der im Deutschen "Knabe" oder "Christkind" bedeutet.
Normalerweise treiben die Ostpassatwinde warmes Oberflächenwasser von der peruanischen Küste Richtung Westen. Dadurch quillt kühleres Tiefenwasser im Bereich der Nordwestküste Südamerikas an die Oberfläche. Dieses Wasser entstammt dem kalten Humboldtstrom. Beim El Nino-Phänomen schwächen sich die Ostpassatwinde deutlich ab, wodurch weniger kaltes Wasser an die Oberfläche quillt und die Wassertemperatur vor der Küste deutlich ansteigt. Nähere Information zur Entstehung von El Nino findet man im Thema des Tages vom 09.08.2015
(http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2015/8/9.html).
Nach dem Abklingen eines El Nino kehrt sich diese Anomalie normalerweise in ihr Gegenteil um. Dann sind die Ostpassatwinde stärker, der Humboldtstrom führt deutlich kälteres Tiefenwasser an die Oberfläche entlang der Küste. Diese Anomalie wird La Nina, "das Mädchen" genannt.
Doch wie verursacht El Nino Regenfälle an der peruanischen Küste? Normalerweise ist das kalte Küstenwasser eine Barriere für die Gewitter, die sich über dem Pazifik bilden. So sind die Küstengebiete Perus in der Regel relativ trocken. Bei wärmeren Wasseroberflächentemperaturen während der El Nino-Phasen fehlt diese Barriere. Im Gegenteil: Die Gewitter werden durch das warme Wasser noch mit weiterer Feuchtigkeit und Energie versorgt und können auf das Festland ziehen, wo sie sich anschließend an den Anden stauen. Dort kommt es dann während der El Nino-Phasen nicht selten zu heftigen Regenfällen. Der Boden in den sonst trockenen Gebieten kann jedoch nicht so viel Wasser aufnehmen. Sturzfluten und Schlammlawinen sind die Folge, die sich aus den Anden weit stromabwärts in Richtung Küste ausbreiten.
Die Regenfälle in Peru werden allerdings derzeit nicht vom klassischen El Nino-Phänomen verursacht. Nach der klassischen Definition bestehen im zentralen Pazifik derzeit neutrale Bedingungen. Das heißt, es herrschen weder El Nino- noch La Nina-Bedingungen. Allerdings zeigte El Nino eine ungewöhnliche Entwicklung. Nach den Jahren 2014 bis 2016 in denen das stärkste El Nino-Ereignis seit 1997/98 auftrat, stellten sich Ende letzten Jahres nur kurzzeitig schwache La Nina-Verhältnisse ein, ehe die Bedingungen wieder auf "neutral" wechselten. Allerdings kam es zu Beginn des Jahres an der Küste Perus und Ecuadors zu einem sehr starken Anstieg der Wassertemperatur, wodurch es durch die oben beschriebenen Prozesse zu den dortigen starken Niederschlägen kam (siehe Abbildung der Wasseroberflächentemperatur (Quelle:NOAA)). Der peruanische Wetterdienst hat deshalb eine sogenannte "Küsten El Nino"-Warnung herausgegeben. Da aber großflächig noch ein schwaches La Nina-Zirkulationsmuster vorherrscht, haben es die Gewitter leichter an Land zu ziehen, wodurch die Regenmengen verheerender als bei normalen El Nino-Phasen ausfallen.
In den nächsten Tagen erwartet die nördliche Provinz weitere starke Niederschläge, ehe ab Sonntag eine Entspannung einsetzt. Doch solange das warme Wasser vor der Küste liegt, muss weiterhin mit kräftigen Gewittern und starken Regenfällen gerechnet werden.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.03.2017
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