Vollfrühling und Frostschutzberegnung


In der Oberrheinischen Tiefebene hat die Apfelblüte begonnen. Sie gilt als Leitphase der phänologischen Jahreszeit ?Vollfrühling?. Die Phänologie befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen. Es werden die Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien (Phasen) beobachtet und festgehalten. Sie stehen in enger Beziehung zur Witterung und zum Klima und eignen sich daher für die verschiedensten Anwendungsgebiete und für vielseitige wissenschaftliche Untersuchungen.

Der Deutsche Wetterdienst unterhält ein phänologisches Grundnetz, dessen Beobachter ihre Daten einmal jährlich per Meldebogen oder über das Internet übermitteln. Knapp 400 Beobachter sind hingegen sogenannte phänologische Sofortmelder, die eine Auswahl von Phasen direkt nach Eintritt eines Entwicklungsstadiums (z.B. Apfelblüte) melden. Übrigens sucht der DWD noch ehrenamtliche Pflanzenbeobachter, weitere Infos unter http://bit.ly/1Nn7bff und http://bit.ly/2n9OvKH.

Auf der DWD-Website
http://www.dwd.de/DE/leistungen/phaeno_akt/phaenoakt.html können Sie sich über die aktuelle und weitere phänologische Phasen informieren. Oberhalb der Grafik kann man sich bei ?Kultur und Phase? auch die Daten zur Apfelblüte aufrufen. Rechts oben, wo ?Statistiken? steht, kann man auf ?Phänologiestatistik? umstellen und erhält so einen Vergleich des durchschnittlichen Eintrittstermins mit den Vorjahren.


Im linken Teil der Abbildung, die Sie unter dem heutigen Thema des Tages finden, ist eine Karte mit der aktuellen Verteilung des Beginns der Apfelblüte zu sehen. Die erste Meldung erfolgte am 20. März am Inn, am Oberrhein erblühte ?Malus domestica? um den Monatswechsel herum. Im Rest des Landes wurde hingegen noch kein Blühbeginn des Apfelbaumes beobachtet. Somit kommt man auf ein Meldeaufkommen von 5
%.
Der rechte Teil der Abbildung zeigt im oberen Abschnitt das gebietsgemittelte Eintrittsdatum, wenn nur ein Teil der Beobachter (aktuell eben jene 5 %) die Apfelblüte erfasst hat. Zum besseren Vergleich sind auch die hellgrünen Säulen der vergangenen Jahre bei genau diesem Meldeaufkommen von 5 % dargestellt. Im Mittel der Jahre 1992 bis 2016 wurde dieses Meldeaufkommen am 12. April erreicht, 2017 sind wir somit etwa 11 Tage früher dran. Der untere Abschnitt der rechten Seite zeigt hingegen, wann die Phase abgeschlossen ist, d.h. eine Meldequote von über 80 % erreicht ist oder in den letzten 15 Tagen keine neuen Meldungen eingegangen sind. Im Durchschnitt der vorausgegangenen 25 Jahre war dies am 27. April der Fall. Auffällig ist die markante Abweichung der dunkelgrünen Säule für das Jahr 2014 vom Mittelwert. Damals trat die Apfelblüte durchschnittlich etwa 16 Tage früher ein als normal.

Je zeitiger aber die Apfelblüte eintritt, desto größer ist auch die Gefahr durch Spätfröste. Insbesondere der Apfelbauer muss dann entsprechend reagieren, da die Pflanzen geschädigt werden oder absterben, wenn deren Zellwasser gefriert. Um sich vor Ernteausfällen zu schützen, kann er beispielsweise eine Frostschutzberegnung durchführen.
Dabei besprüht der Apfelbauer bei noch leichten Plusgraden die Bäume gezielt mit sehr feinen Wassertröpfchen. Sinkt die Temperatur weiter ab, wird beim Gefrieren des Wassers die Erstarrungswärme frei. Pro Liter Wasser werden dabei 333,5 kJ (Kilojoule) an Energie frei. Das ist ungefähr so viel Energie, wie man benötigt, um ein Liter Wasser um 80 °C zu erwärmen. Durch die Freisetzung dieser Wärmeenergie sinkt die Temperatur innerhalb der Eishülle um die Pflanzenteile längere Zeit nicht wesentlich unter den Gefrierpunkt ab.
Die Beregnung muss bis zum Erreichen einer positiven Umgebungstemperatur ununterbrochen durchgeführt werden. Anderenfalls kommt es zu einem abkühlenden Effekt durch Verdunstung. Diese ist umso stärker, je niedriger die Luftfeuchte ist und je stärker der Wind weht. Daher sind der Frostschutzberegnung durch diese meteorologischen Parameter gewisse Grenzen gesetzt.

Die Frostschutzberegnung hat jedoch auch Nachteile. Als Erstes ist da sicherlich der hohe Wasserverbrauch von etwa 30000 Litern pro Hektar und Stunde zu nennen. Das kann zudem den Boden durchnässen und so dessen Befahrbarkeit einschränken. Außerdem werden Nährstoffe ausgewaschen, Wurzelaktivitäten gehemmt und unter Umständen die Anfälligkeit für Krankheiten erhöht. Bei länger anhaltendem Frost droht unter Umständen sogar Eisbruch.

Auf www.dwd.de/warnungen können Sie sich über ggf. geltende Frostwarnungen informieren, damit auch Sie als Hobbygärtner Ihre Pflanzen vor Spätfrösten schützen können. In den nächsten Nächten wird Luftfrost vor allem im Bergland auftreten. Jedoch muss dabei bedacht werden, dass auch bei leicht positiven Lufttemperaturen in Erdbodennähe durchaus Frost auftreten kann. Im heimischen Eigenanbau reicht als Frostschutz zumeist ein Abdecken mit Stroh oder Stoffvliesen. Ebenso kann man bewegbare Pflanzen ins Warme bringen.


M.Sc. Met. Stefan Bach
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.04.2017

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