"Hoch Britische Inseln"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese ergeben sich durch weiträumige Luftdruckverteilungen und die daraus resultierenden Strömungsmuster, in Bodennähe sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten. Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.

Bereits zu Wochenbeginn stieg im Seegebiet bei den Azoren der Luftdruck nach Abzug eines Tiefausläufers wieder an und das ausgedehnte Hochdruckgebiet ORTRUD entstand. ORTRUD verlagerte sich unter Verstärkung nordwärts und befindet sich derzeit als mächtige Hochdruckzelle mit geschlossenen Isobaren und einem Bodenluftdruck im Kern von knapp 1035 hPa schwerpunktmäßig über dem Süden Irlands. ORTRUD bewegt sich nur langsam ostwärts, am morgigen Freitag wird ihr Zentrum über Südengland und am Sonnabend über Norddeutschland liegen.


Vom synoptisch-klimatologischen Standpunkt bietet sich in diesen Tagen die Charakterisierung der Großwetterlage als "Hoch Britische Inseln" an (wissenschaftliche Abkürzung HB). ?HB? zählt zu den meridionalen Zirkulationsformen, d.h. die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Strömungskomponente über dem Kontinent übertrifft den in West-Ost-Richtung orientierten, zonalen Anteil deutlich. Die ?Frontalzone?, also der Übergangsbereich zwischen subpolaren und subtropischen Luftmassen, verläuft in einem weiten, nordwärts gerichteten und im Meteorologen-Jargon als "antizyklonal" bezeichneten Bogen zwischen dem Nordatlantik, Island und Skandinavien.

Dementsprechend werden auch atlantische Frontensysteme gezwungen, entlang dieses ?Umweges? zu ziehen und Hoch ORTRUD wirkt in diesem Sinne blockierend. Während in Westeuropa freundliches und beständiges Wetter herrscht, strömt an ORTRUDs Ostflanke mit nordwestlicher Strömung frische Meeresluft nach Mitteleuropa. Wir haben erst Anfang April, da wundert es niemanden, dass sich in der kalten Luftmasse unsere Tageshöchsttemperaturen am heutigen Donnerstag sowie am morgigen Freitag meist nur im geringen zweistelligen Bereich bewegen, oder gar einstellig bleiben, und es nachts noch ziemlich kalt wird. Darüber hinaus sorgen in die Strömung eingelagerte Frontensysteme insbesondere in der Osthälfte Deutschlands anfangs noch für Niederschläge, die in den höheren Lagen des Berglandes als Schnee fallen können.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/04/06.html finden Sie eine vom heutigen 00:00-UTC-Lauf des Vorhersagemodells ICON des Deutschen Wetterdienstes berechnete Prognose der geopotentiellen Höhe sowie der Temperatur der 500-hPa- sowie der 850-hPa-Hauptdruckfläche für Freitag, den 07.04.2017, 12:00 UTC. Das 500-hPa-Niveau (obere Abbildung) repräsentiert die mittlere Atmosphäre, in der 850-hPa-Fläche (untere Abbildung) zeigt sich die Struktur der unteren Atmosphäre. Deutlich sieht man, wie an der Ostflanke des Hochdruckrückens maritime Polarluft ins östliche Mitteleuropa gelenkt wird (grüne und blaue Konturen, vgl. Temperaturskalen).


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.04.2017

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