Nachdem im Thema des Tages vom 03.05.2017 bereits auf die Entstehung von Wellen näher eingegangen wurde, soll heute der Blick auf einen küstennahen Effekt gerichtet werden, der zum Surfen von grundlegender Bedeutung ist. Denn wer lag im Urlaub nicht schon einmal am Meer auf einem Liegestuhl und wunderte sich, dass der Weg ins "kühlende Nass" über einen immer größer werdenden Strandabschnitt führt. Der Grund liegt in den sogenannten "Gezeiten" (engl. tides), die periodische Wasserbewegungen des Ozeans darstellen und besser als Ebbe und Flut bekannt sind. Dabei bezeichnet man den vom Niedrig- bis zum Höchststand ansteigenden Meeresspiegel als Flut, sinkt der Spiegel hingegen ab, spricht man von Ebbe.
Aber warum ändert sich die Höhe des Meeresspiegels? Der Grund findet sich in der Wechselwirkung von Erde und Mond wieder. Grundsätzlich geht von jedem Körper mit einer Masse eine Anziehungskraft auf andere Körper aus, die sogenannte "Gravitationskraft". Die wesentlich schwerere Erde erzeugt dabei im Vergleich zum Mond eine deutlich größere Schwer- und somit auch Anziehungskraft. Entsprechend dreht sich der Mond auch um die Erde und nicht nur um sich selbst. Allerdings reicht die auf die Erde wirkende Anziehungskraft des Mondes aus, um an der Materie der Erde zu "zerren" und sie in Bewegung zu setzen. Natürlich gibt die Erdkruste diesen Kräften nur in geringem Maße nach, spürbarer ist jedoch die Bewegung des Wassers der Ozeane. Denn auf der dem Mond zugewandten Erdseite bildet sich ein Flutberg aus. Auf der gegenüberliegenden Seite der Erde hingegen wirkt durch die Rotation des Erde-Mond-Systems um den gemeinsamen Schwerpunkt die Zentrifugalkraft (Fliehkraft), was auch dort zur Ausprägung eines Flutbergs führt. Zwischen diesen beiden Flutbergen senkt sich der Meeresspiegel ab, womit dort Ebbe vorherrscht. Aufgrund der Erdrotation sowie der Drehung des Mondes um die Erde dauert es genau 24 Stunden und 50 Minuten, bis der gleiche Punkt auf der Erde erneut dem Mond zugewandt ist. Innerhalb dieser Zeit kommt es an nahezu allen Küstenabschnitten zu je zweimal Hoch- (Flut, engl. "high tide") und zweimal Niedrigwasser (Ebbe, engl. "low tide"). Auch die Sonne hat einen Einfluss auf die Gezeiten, wobei dieser aufgrund ihrer Entfernung von der Erde deutlich kleiner ausfällt, als der des Mondes.
Für das Surfen sind die Gezeiten von fundamentaler Bedeutung, denn je nach Wasserstand ändern sich auch die Höhe der Wellen sowie ihr Brechungsverhalten. Herrscht Ebbe, brechen die Wellen im Vergleich zur Flut seichter und deutlich weiter draußen. Bei Flut hingegen laufen die Wellen meist aufgrund des höheren Wasserspiegels etwas länger. Herrscht Wasserhöchststand bzw. einsetzende Ebbe vor, kann es sein, dass die Welle sehr plötzlich direkt am Strand bricht. Dies bezeichnet man auch als sogenannten "Shorebreak". Diese Shorebreaks fallen in der Regel recht heftig aus, da die brechenden Wellen vom zurück ins Meer abfließenden Wasser zusätzlich hochgedrückt werden und damit eine Gefahr für Mensch und Material darstellen. Nicht nur als unerfahrener Surfer, sondern auch als Badegast sollte man diese Wellen meiden, da sie einem im wahrsten Sinne des Wortes den Boden unter den Füßen wegziehen können. Falls man also den Gang aus dem Wasser noch einigermaßen "elegant" und ohne "Bauchklatscher" auf den Strand gestalten möchte, sollte man am besten die Pause zwischen zwei "sets" abpassen.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.05.2017
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