Frühtemperaturen: Unterschiede wie Tag und Nacht

Keine Front, kein aufziehender Sturm und doch, die Wetterwelt war insbesondere "gefühlt" im Norden heute früh eine ganz andere als noch zum Start in die Woche. War gestern früh vor allem für Radfahrer der Griff zur Mütze sinnvoll, konnte man es heute vielerorts wagen, das Haus sogar ohne Jacke zu verlassen.

Der Blick auf die Tiefstwerte der vergangenen beiden Nächte verrät zwei völlig unterschiedliche Temperaturregimes. In der Nacht zum Montag sanken die Temperaturen nördlich der Mittelgebirge verbreitet in den einstelligen Bereich. Am kältesten war es in Quickborn, nur wenig nördlich von Hamburg. Erst bei 4,4 Grad war das Ende der nächtlichen Auskühlung erreicht, am Erdboden war man sogar nur noch 2,1 Grad von der Frostgrenze entfernt. Damit wurde der bisherige Rekord für Mitte August mit 3,4 Grad vom 18.08.1988 nur knapp verfehlt. Ähnlich frisch war es in Worpswede-Hüttenbusch etwas nordöstlich von Bremen mit 4,7 Grad in 2 m Höhe.

Wie aus einer anderen Klimazone muten dagegen die Werte der heutigen Frühstunden an. Von einstelligen Werten waren wir weit entfernt, gebietsweise lagen die Tiefsttemperaturen sogar oberhalb der 15-Grad-Marke. An den zuvor genannten beiden "Kältelöchern" der vorausgegangenen Nacht war es mit jeweils 15,7 Grad rund 11 Grad wärmer als 24 Stunden zuvor. Statt zu frösteln kam man auf dem Weg zur Arbeit bei sportlicher Betätigung in der milden Luft dann eher ins Schwitzen.

Um den großen Temperaturunterschied zu erklären, braucht es vor allem eine Erklärung für die tiefen Werte am Montagmorgen. Die "Übeltäter" hierfür sind schnell gefunden: Sie hießen "eingeflossene subpolare Kaltluft", klarer Himmel und durch die Lage im Zentrum eines Hochdruckgebietes zudem schwacher Wind. Diese Kombination ist zu jeder Jahreszeit ein Garant für tiefe Nachttemperaturen. Der Boden kann dann, ohne Gegenstrahlung von Wolken, seine tagsüber aufgenommene Wärme effektiv abstrahlen und der fehlende Wind die sich bildende dünne, bodennahe Kaltluftschicht nicht zerstören. Wie dünn diese Kaltluftschicht war, zeigen Messwerte vom meteorologischen Institut der Universität Hamburg
(https://wettermast.uni-hamburg.de/frame.php?doc=Zeitreihen8d.htm). Waren es in 2 m Höhe in Hamburg-Billwerder nur 8 Grad, verzeichneten die Messfühler in 50 m Höhe bereits rund 11 und in 110 m Höhe sogar 13 Grad.

Damit liegt die Erklärung für die hohen Werte der Folgenacht auf der Hand: eine andere, wärmere und feuchtere Luftmasse, durchziehende Wolkenfelder und ein schwacher bis mäßiger Südostwind.

Nach der Rückschau sei an dieser Stelle noch ein kurzer Blick auf das Wetter des heutigen Tages gestattet, denn dies hat es unter anderem wegen der warmen und feuchten Luft durchaus in sich. Mit Annäherung einer Kaltfront ziehen im Laufe des Tages von Westen her Schauer und teils kräftige Gewitter mit der Gefahr von Sturmböen, Starkregen und Hagel auf. Örtlich kann es dann auch zu unwetterartigen Entwicklungen kommen. In der Nacht zum Mittwoch greifen die Gewitter unter leichter Abschwächung dann auch auf den Osten und Südosten des Landes über und beenden den kurzzeitigen Hochdruckeinfluss schon wieder.

MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.08.2017

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