Die sogenannten "Hole-Punch Clouds" lassen sich nur relativ selten am Himmel beobachten, was einen guten Nährboden für die wildesten Verschwörungstheorien bietet. Bisher ist auch noch kein deutscher Name dieser Wolken bekannt. Übersetzt man ihren Namen direkt aus dem Englischen ins Deutsche, so könnte man sie als "Locher-Wolken" (engl. "hole punch" = Lochstanzer) bezeichnen. Seltener werden sie auch als "Canal Clouds" oder "Fallstreak Holes" bezeichnet.
Am Himmel zeigen sich diese Wolken in einem nahezu kreisrunden oder auch kanalförmigen Freiraum in einer relativ flach ausgeprägten Wolkendecke. Inmitten dieses Lochs bildet sich dann eine kompakte, zerfranste Wolke, die teils streifenförmig herabhängt. Allerdings ist ihre Entstehung unter anderem aufgrund ihrer Seltenheit bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Unter Wissenschaftlern werden etwa seit den 1940er Jahren einige Vermutungen angestellt, welche Prozesse bei der Entstehung dieser Wolke beteiligt sein könnten.
Voraussetzung für ihre Entstehung ist zuerst einmal eine relativ dünne Wolkendecke. Diese muss aus unterkühlten Wassertröpfchen bestehen (z. B. Cirrocumulus oder Altocumulus), das heißt aus Wassertropfen, die auch bei Temperaturen weit unterhalb des Gefrierpunktes (unter -10 Grad Celsius) aus Mangel an sogenannten "Kristallisationskeimen" noch nicht gefrieren, sondern weiterhin im flüssigen Zustand existieren. Nun fanden Forscher heraus, dass es meist Flugzeuge sind, die die Entstehung der spektakulären Wolkenlöcher auslösen, in dem sie einen ausgedehnten "Wolkenteppich" durchfliegen und somit stören. Auf den Tragflächen von Flugzeugen oder auch an der Spitze sowie an der Rückseite der Propeller von Propellermaschinen entstehen lokal eng begrenzte Regionen mit Unterdruck. Dort kann sich die Luft schlagartig ausdehnen, wodurch die Temperatur dieser Luft und der darin enthaltenen Wassertröpfchen blitzartig um mehr als 20 Grad auf Temperaturen von unter -37 Grad Celsius absinkt und sich kleine Eiskristalle bilden. Aber auch aus höheren Luftschichten können winzige Eispartikel auf natürliche Art und Weise in die Wolkenschicht mit den unterkühlten Tröpfchen herabfallen.
Mit der Bildung der Eiskristalle wird förmlich ein Dominoeffekt ausgelöst. Denn diese beginnen nun in der Umgebung der unterkühlten Wassertröpfchen zu wachsen. Allerdings geht dieser Wachstumsprozess auf Kosten der flüssigen Tröpfchen, die somit zu schrumpfen beginnen und sich schließlich ganz auflösen. Bekannt ist dieser Mechanismus auch als Bergeron-Findeisen-Prozess. Durch das Auflösen der Wassertöpfchen bildet sich dann ein rundes oder auch ovales Loch in der geschlossenen Wolkendecke, in welchem lediglich die anwachsenden Eiskristalle zurückbleiben. Diese werden jedoch schwerer und schwerer und beginnen schließlich aus dem Bereich der Wolkendecke herabzufallen, wodurch eine zerfranste, herabhängende Wolke inmitten des Wolkenlochs entsteht.
Meist erreichen die fallenden Eiskristalle den Erdboden nicht, da sie vorher selbst verdampfen. In Einzelfällen konnte jedoch auch Schneefall oder, falls die Eispartikel bis zum Boden geschmolzen waren, Regen beobachtet werden, der genau unterhalb eines solchen Wolkenlochs auftrat. Der faszinierende Anblick beginnt auf kleinstem Raum und kann sich auf bis zu 100 km ausdehnen. Allerdings ist dieser Augenschmaus nur von kurzer Dauer und besteht höchstens bis zu vier Stunden.
In der Grafik zum Thema des Tages unter www.dwd.de/tagesthema finden Sie zwei Abbildungen, wobei die Linke eine faszinierende "Locher-Wolke" von unten zeigt, während die Rechte den Blick aus dem All auf Teile der USA vom 29. Januar 2007 wiedergibt. Falls Sie einmal in den Genuss einer solchen Erscheinung kommen, zögern Sie nicht: Zücken Sie Ihre Kamera und schicken uns im Anschluss das Foto zu.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.08.2017
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