Am Sonntag (24.09.2017) steht mit der Bundestagswahl 2017 die 19. Wahl des Deutschen Bundestages ins Haus. Schätzungsweise 61,5 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Ein recht großer Teil davon wird dies bis dahin bereits per Briefwahl erledigt haben. Diejenigen Wahlberechtigten, die am Sonntag zu den Urnen pilgern, könnten ihren Weg dorthin aber vom Wetter abhängig machen. Hat dies vielleicht noch einen entscheidenden Effekt auf die Wahl? Und kann dadurch sogar die nach allen gängigen Umfrageinstituten weit hinter der CDU zurückliegende SPD mit dem Vorsitzenden und Spitzenkandidaten Martin Schulz die scheinbar schon feststehende "Siegerin" doch noch einholen?
Zum Thema "Wahl und Wetter" wurden bereits mehrere Studien gemacht. Allen voran taucht dabei in den Medien immer wieder die Untersuchung des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation (IWK) aus Hamburg auf. Dieser Studie zufolge sinkt bei einem Temperaturplus von einem Grad die Wahlbeteiligung um 0,2 %, was bei 61,5 Millionen Wahlberechtigten etwa 100.000 Wähler ausmacht. Die gleiche Wirkung solle eine halbe Stunde mehr Sonnenschein erzielen, während bei Regen kein Unterschied festzustellen sei. Nach der Studie der Wissenschaftler Kühnel und Fuchs (1998) hat das Wetter dagegen keinen messbaren Einfluss auf die Wahlbeteiligung.
Eine weitere Studie des privaten Internetwetterdienstes donnerwetter.de GmbH kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Wetter keinen Einfluss auf die Wahlbeteiligung hat. Allerdings könne die Wetterlage ein bis zwei Wochen vor der Wahl die Stimmungslage beeinflussen. Dabei gilt: Ist das Wetter "schön" bzw. "gut" oder "sommerlich", ist man insgesamt zufriedener und wählt eher die Regierungspartei. Bei einer eher "schlechten" Witterungsperiode ist man dagegen unzufriedener und stimmt eher für die Opposition.
Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wollen 2016 herausgefunden haben, dass die CDU sich bei starkem Regen über ein relativ gutes Wahlergebnis freuen darf, weil SPD-Anhänger dann eher zuhause bleiben. Dabei stieg die Wahlbeteiligung bei "gutem" Wetter um bis zu einem Prozentpunkt, wobei drei Viertel dieser zusätzlichen Wähler dann die SPD wählen würden. Bei anderen Parteien spiele das Wetter hingegen so gut wie keine Rolle.
Als Fazit lässt sich sagen, dass diese sehr widersprüchlichen Aussagen der oben aufgeführten Studien (und sicherlich noch weiterer Studien) bisher keine klare Aussage für den Einfluss des Wetters auf die Wahl zulassen! Möglicherweise gibt es einen Einfluss, möglicherweise aber eben auch nicht. Wahrscheinlich spielen andere Faktoren wie die politische Überzeugung, die Politikverdrossenheit, die Bedeutung der eigenen Stimme, usw. doch die größere Rolle.
Und wie wird das Wetter nun am Sonntag? Im Westen und Südwesten Deutschlands steht nach teils nebligem Beginn ein heiterer bis wolkiger Tag ins Haus. Dabei bleibt es bis auf ganz vereinzelt mögliche Schauer meist trocken und es sind Tageshöchsttemperaturen von 16 bis 21 Grad zu erwarten. In einem Bereich etwa von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Thüringen und östlich davon sowie bis nach Nordost- und Ostbayern und zusätzlich auch an den Alpen muss bei meist bedecktem Himmel mit zeitweiligem Regen gerechnet werden. Zudem steigt die Temperatur dort nur auf 13 bis 18 Grad.
Mag sein, dass der Regen dann den einen oder anderen Wähler vom Gang zur Wahlkabine abhalten wird. Sollten sich die Verlierer der Wahl nachher aber mit dem Wetter herausreden wollen, so entbehrt dies wie oben geschrieben jeglicher wissenschaftlichen Grundlage.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.09.2017
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