Im Thema des Tages vom 25. September 2017 wurde bereits über die Entstehung der Halligen berichtet, aber auch über die Kräfte der Natur, die die Halligen formen und mit der Zeit verändern. Besonders Sturmfluten sorgten in der Vergangenheit teils für verheerende Auswirkungen und stellen auch heute noch ein einschneidendes Erlebnis für die Bewohner aber auch für die Besucher der Halligen dar. Anfang September erlebte der Autor während eines Urlaubs auf der Hallig Hooge die Auswirkungen durch das Sturmtief "Sebastian", das besonders der südlichen Nordsee und den Küstengebieten am 13. September schwere Sturm- bis Orkanböen brachte (Bad Sankt Peter-Ording: 129 km/h, Helgoland: 133 km/h und Hallig Hooge: 117 km/h). In der Folge soll kurz auf die Entstehung dieses Sturmtiefs eingegangen werden. Einen Überblick über dieses Ereignis können Sie auch dem Thema des Tages vom 13. September 2017 entnehmen.
Bereits am 10. September begann östlich von Neufundland die Sturmtiefentwicklung. Dort traf eine vor der Ostküste der USA nordwärts strömende tropische und somit warme und sehr feuchte Luftmasse auf kühle und trockene Luft, die sich von Kanada aus nach Osten verlagerte (siehe Grafik im Anhang). Vor Neufundland baute sich dadurch auf relativ engem Raum ein großer Temperatur- und Feuchtegegensatz auf. Solche Gegensätze stellen zusammen mit anderen meteorologischen Bedingungen häufig einen Nährboden für eine Tiefdruckentwicklung dar. So wurde aus einem zunächst sehr unscheinbar wirkenden Tiefdruckgebiet bei Neufundland bei seiner Ostverlagerung und unter stetiger Intensivierung rasch ein Sturmtief, das über den Nordatlantik nach Nordwesteuropa geführt wurde. Dort erhielt es dann von der FU Berlin den Namen "Sebastian". Bereits frühzeitig bestand innerhalb der Prognosemodelle Einigkeit, dass besonders die südliche Nordsee und ihre Küsten und somit auch die Halligen von Sebastians Sturmfeld getroffen würden.
Im Falle eines Sturmereignisses rückt im Umfeld von Meeren ein weiteres Phänomen in den Blickpunkt, das die unter anderem für die Nordsee so typischen Wasserstandsschwankungen hervorruft: die Gezeiten, auch bekannt als "Ebbe und Flut". Auf deren Entstehung soll nicht näher eingegangen werden, da Informationen dazu im Thema des Tages vom 16. Mai 2017 zu finden sind. Treffen das Sturmfeld und die einsetzende Flut zusammen, kann es zu den im Küstenumfeld nicht selten gefürchteten Sturmfluten (siehe DWD Lexikon) unterschiedlicher Intensität kommen. Am 13. September sollte das Hauptsturmfeld von Sebastian die Halligen zwischen dem frühen Nachmittag und der ersten Nachthälfte erfassen, was mit der Zeit des "auflaufenden" Wassers, also der Flut, zusammenfiel. Folglich erließ das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) für den 13. September eine Sturmflutwarnung der Klasse 1 von 3 (1,5 bis 2,5 Meter über dem mittleren Hochwasser). Für die meisten Bewohner der Nordseeküste ist so eine Vorhersage nicht weiter besorgniserregend, zumal der Sturm auch nicht sehr lange andauern sollte, doch für die Halligen bedeutete dies "Land unter". Ein Ereignis, das rund fünf bis zehn Mal im Jahr stattfindet.
Was dieses spezielle Ereignis bemerkenswert macht, war das frühe Auftreten, denn der eigentliche Beginn der Sturmsaison wird eher im Oktober oder November erwartet. So "früh" im Jahr befindet sich noch das sogenannte "Pensionsvieh" auf den Halligen, also u.a. Kühe, die von Landwirten des Festlands auf den Weiden der Halligen gehalten werden. Zusammen mit dem Vieh der Halligen bedeutet so ein frühes Sturmereignis, dass es u.U. mit einem "trockenen Plätzchen" recht knapp werden könnte, müssen doch alle Tiere im Fall von "Land unter" auf den kleinen Warften untergebracht werden. Da jedoch dieser Sturm frühzeitig durch den Deutschen Wetterdienst angekündigt wurde, konnte in den Tagen zuvor ein Teil des Pensionsviehs auf das Festland gebracht werden.
Von daher kann gesagt werden, dass die Vorbereitungen auf den Sturm frühzeitig abgeschlossen werden konnten und man erwartete nun das eigentliche Sturmereignis mit "Land unter". Doch dazu mehr im Thema des Tages von morgen.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.09.2017
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