Wie bereits in Teil 1 beschrieben, ist die Lage des Brockens sehr exponiert. Von der Norddeutschen Tiefebene an der Schwelle zu den zentralen Mittelgebirgen ragt er mit seinen 1141 Metern Höhe doch weit und isoliert in die Atmosphäre hinein und ist somit in allen Himmelsrichtungen Wind, Regen und Schnee ausgesetzt. Dabei stößt er relativ häufig in die Schichten tiefer Bewölkung vor, womit es wenig überrascht, dass im Schnitt jährlich über 300 Nebeltage zu verzeichnen sind. An diesen unterschreitet die Sichtweite nach Definition die Marke von einem Kilometer. Im Jahr 1958 waren es sogar 330 Nebeltage, was bedeutet, dass der Brocken an nur 35 Tagen - also rund einem Monat - komplett nebelfrei war. Erwischt man als Besucher aber einen Tag mit guter Sicht, so wird man mit einem atemberaubenden Panorama belohnt. Der Große Inselsberg im Thüringer Wald taucht dann in 106 Kilometer Entfernung ebenso auf wie die Wasserkuppe in der Rhön (152 km) und der Kahle Asten im Sauerland (162 km). Mit etwas Glück kann man bei Sonnenaufgang und extrem klarer Luft sogar den Fichtelberg im Erzgebirge erspähen, der immerhin rund 220 km weit weg ist.
Die Klimaverhältnisse des Brockens entsprechen bei einer Mitteltemperatur von 2,9 Grad Celsius und einer
Jahresniederschlagssumme von durchschnittlich 1814 mm (Zeitraum 1961-1990) einer Höhe von etwa 2000 Metern in den Alpen oder dem Klima Islands. Betrachtet man allerdings die vergangenen 30 Jahre (1987-2016) so erhöht sich die jährliche Durchschnittstemperatur bereits auf 3,8 Grad Celsius. Nahezu alle Wärmerekorde liegen dabei in der jüngeren Vergangenheit. Während die höchste jährliche Mitteltemperatur mit 5,1 Grad im Jahr 2014 registriert wurde, stach der 20. August 2012 mit einer Höchsttemperatur von 29,0 Grad heraus. Damit rückte der erste heiße Tag (Maximumtemperatur über 30 Grad) seit Aufzeichnungsbeginn, der offiziell zum 01. Oktober 1895 mit Einrichtung eines Observatoriums erfolgte, bedrohlich nahe. Erste gesicherte Wettermeldungen lassen sich sogar bis ins Jahr 1836 zurückverfolgen. Und wie kalt kann es auf dem Brocken werden? Nun mit -28,4 Grad am 01. Februar 1956, gar nicht so kalt, wie man vielleicht vermuten würde. Hier sind Tallagen und Senken in den Hochlagen, in den sich "Kaltluftseen" wegen ihrer höheren Dichte im Vergleich zur wärmeren Luft ansammeln, deutlich effektiver als Bergkuppen.
Der Brocken ist berühmt berüchtigt für seine hohen Windstärken, im Jahresmittel ist dort mit 42 km/h (Bft 6) die höchste Windgeschwindigkeit Deutschlands zu verzeichnen. Da können nicht mal die Zugspitze oder die Nordseeinsel Helgoland mit Werten um 30 km/h mithalten. Die absolute Windspitze wurde mit 263 km/h am 24. November 1984 aufgezeichnet, was umso bemerkenswerter erscheint, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der extrem starke Hurrikan Maria kürzlich über der Karibik und Puerto Rico ähnliche Größenordnungen der Spitzenböen hervorgebracht hat.
Die Windverhältnisse gestalten die Schneemessungen auf dem Brocken aufgrund der starken Verwehungen entsprechend schwierig. Durchschnittlich kann man in etwa einem Drittel des Jahres von einer Schneedecke auf dem höchsten Berg des Harzes ausgehen. Die Rekordschneehöhe von 380 cm wurde am 14. April 1970 gemessen. 3 Jahre später lag sogar an 205 Tagen (56%) und damit mehr als der Hälfte des Jahres eine geschlossene Schneedecke. Aber auch ohne Niederschlag entstehen durch Wind und Nebel in den Wintermonaten mitunter extreme Eisablagerungen mit Längen bis zu 250 cm an Gerätschaften und Gebäuden. Das verdeutlicht, wie wichtig die regelmäßige Wartung und Pflege der Messinstrumente auch in Zukunft in Zeiten der Automatisierung des Messnetzes sein wird.
Zum Schluss sei noch das optische Phänomen des "Brockengespenstes" erwähnt (siehe auch Thema des Tages vom 11.12.2015). Diese atmosphärische Erscheinung wurde wahrscheinlich auf dem Brocken zuerst beobachtet und beschrieben und trägt daher den Namen des Berges in sich. Bei ausreichender Lichtquelle (idealerweise der Sonne im Rücken) wird der stark vergrößerte Schatten des Beobachters auf vorhandene Wolken- und Nebelbänke geworfen, wobei der Kopf häufig von farbigen Ringen (Glorie) umgeben ist. Die die Nebelschwaden keine glatte Oberfläche darstellen, "wabert" der Schatten gespenstisch hin und her und wirkt so lebendig - die Walpurgisnacht mit der Vorstellung von Hexen auf fliegenden Besen lässt grüßen.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.09.2017
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