"Antizyklonale Westlage"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese ergeben sich aus der weiträumigen Luftdruckverteilung und den daraus resultierenden Strömungsmustern der beteiligten Luftmassen in Bodennähe sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten. Welche Großwetterlage sich in Mitteleuropa einstellt, wird letztendlich durch die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre bestimmt und manifestiert sich im raum-zeitlichen Verhalten der troposphärischen Höhenströmung. Die fließt auf der Nordhalbkugel stets so, dass in Stromrichtung betrachtet, auf der rechten Seite hoher Luftdruck bzw. hohes Geopotential und auf der linken Seite tiefer Luftdruck bzw. niedriges Geopotential herrschen. Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in das jeweilige Zirkulationsregime einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.

Seit dem gestrigen Dienstag und voraussichtlich bis Donnerstag dominiert eine "antizyklonale Westlage" (wiss. Abkürzung "Wa") unser Wetter, wobei "antizyklonal = hochdruckbeeinflusst" gilt. Diese Zirkulationsform ist weitgehend zonal, also in West-Ost-Richtung ausgeprägt. Im konkreten Falle verläuft zwischen tiefem Luftdruck über dem nördlichen Europa und einer sich von den Azoren über Süddeutschland hinweg bis zum Schwarzen Meer erstreckenden Hochdruckzone in der mittleren und höheren Troposphäre eine nur schwach mäandrierende (d.h. transversal in Nord-Süd-Richtung schwingende) westliche Höhenströmung. Antizyklonale Westwetterlagen sind typisch für Mitteleuropa. Sie treten im langjährigen klimatologischen Mittel im Oktober in gut 7 % aller Fälle auf, sind damit aber nur etwa halb so häufig vertreten wie ihr "zyklonales", also eher tiefdruckgeprägtes Pendant.

Im Gegensatz zur bei uns generell unbeständigen "zyklonalen Westlage" liegt die "Frontalzone", also der Übergangsbereich zwischen polaren und subtropischen Luftmassen mit großen horizontalen Luftdruckgegensätzen und entsprechend höheren Windgeschwindigkeiten, weiter nördlich und ruft in Deutschland oftmals eine "Zweiteilung" der Witterung hervor. Im Bodenniveau wird in diesen Tagen milde Atlantikluft herangeführt, wobei in die Strömung eingelagerte Tiefausläufer vor allem im Norden unseres Landes unbeständiges und gebietsweise niederschlagsträchtiges Wetter bringen. Dem Süden Deutschlands dagegen bescheren Hochdruckeinfluss und Sonnenschein in Verbindung mit der nun deutlichen Laubfärbung den lang ersehnten ?goldenen Oktober?. Die Tageshöchsttemperaturen liegen am heutigen Mittwoch sowie am Donnerstag meist zwischen 15 °C unmittelbar an der See sowie im Bergland und örtlich bis zu 22 °C in Süddeutschland; in den Nächten bleibt es noch weitgehend frostfrei.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/10/11.html finden Sie oben die vom gestrigen 00:00-UTC-Lauf des amerikanischen Vorhersagemodells GFS berechneten Prognosen der "geopotentiellen Höhe" der 500-hPa-Hauptdruckfläche sowie des Bodenluftdruckes für den heutigen Mittwoch, 11.10.2017, 12:00 UTC. Das 500-hPa-Niveau repräsentiert die potentielle Energie der Luftmasse in der mittleren Troposphäre, außerdem wurde zur Charakterisierung von Warm- und Kaltluftmassen die "relative Topographie" zwischen 500 und 1000 hPa dargestellt. Die untere Abbildung zeigt für denselben Termin eine auf dem gestrigen 00:00-Uhr-UTC-Lauf des deutschen Vorhersagemodells ICON basierende, etwa denselben Kartenausschnitt zeigende und mit den Namen der jeweiligen Druckgebilde versehene Bodenwetterkarte. Auf beiden Darstellungen sind die Isolinien über Mitteleuropa leicht polwärts gekrümmt, was den antizyklonalen Typus der vorherrschenden Westwetterlage unterstreicht.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.10.2017

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