Hoch "ULRIKE" bescherte uns in den vergangenen Tagen einen ruhigen Herbstmix. Bei durchaus milden Temperaturen, die örtlich in den südlichen Landesteilen auch die 20-Grad-Marke knackten, gab es neben morgendlichem Nebel tagsüber auch strahlenden Sonnenschein. Am Donnerstag (26.10.) und am gestrigen Freitag (27.10.) griff dann die Kaltfront von Tief "FLORENZ" mit Kern über dem Baltikum auf Deutschland über und führte neben dichten Wolken und zeitweisem Regen oder gelegentlichen Schauern rückseitig kühlere Meeresluft zu uns. Kein Wunder also, dass sich der Wettercharakter bei auffrischendem Wind sowie Tageshöchstwerten zwischen 12 und 16 Grad etwas herbstlicher anfühlte.
Am heutigen Samstag stellt sich nun eine stramme nordwestliche Strömung zwischen Tief "GRISCHA", dessen Kern um die Mittagszeit über dem Bottnischen Meerbusen zu finden ist und Hoch "VERA" mit Schwerpunkt südwestlich von Irland ein. Entsprechend muss schon tagsüber verbreitet mit starken bis stürmischen Böen gerechnet werden, an den Küsten sowie im Bergland kommt es bereits zu Sturmböen oder schweren Sturmböen. Am späten Nachmittag und am Abend schwächt sich der Wind jedoch vorübergehend wieder etwas ab. Allerdings ist dies lediglich die "Ruhe vor dem Sturm".
Szenenwechsel: Bereits am vergangenen Donnerstag ließ sich eine schwach ausgeprägte Störung vor Grönland ausmachen, die sich in der Folge ins Europäische Nordmeer verlagerte. Im heutigen Tagesverlauf verstärkt sich diese Störung im Lee des südnorwegischen Gebirges über dem Skagerrak und es entwickelt sich ein kleines, aber kräftiges Sturmtief mit dem Namen "HERWART". Dieses zieht in der Nacht zum Sonntag über Südschweden hinweg nach Polen. Sein Sturmfeld mit den stärksten Entwicklungen erfasst Deutschland Sonntagfrüh und am Vormittag. Dann muss verbreitet mit stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet werden. Im Norden und Osten, später auch im Südosten treten durchaus auch schwere Sturmböen auf, bei kräftigen Schauern oder Gewittern sind dort selbst orkanartige Böen möglich. An der Nordseeküste sind Orkanböen von 120 km/h wahrscheinlich, auf den höchsten Gipfeln werden sogar noch höhere Windgeschwindigkeiten erwartet. Im Südwesten fällt der Wind in tiefen Lagen hingegen mit starken bis stürmischen Böen nicht ganz so stark aus. Die Einzelheiten sind nochmal in der Grafik unter www.dwd.de/tagesthema dargestellt.
Bei "HERWART" handelt es sich also nach "SEBASTIAN" und "XAVIER" um den dritten Herbststurm in diesem Jahr. Zwar fällt "HERWART" nicht ganz so stark wie "XAVIER" aus und auch die Bäume bieten zur fortgeschrittenen Jahreszeit weniger Laub als Angriffsfläche für den Wind. Trotzdem sollte wohl am Sonntag besonders im Norden und Osten Deutschlands auf einen morgendlichen Spaziergang oder Frühsport im Wald verzichtet werden. Stattdessen bieten sich ein ausgiebiges Frühstück und ein anschließender Tee zur Lieblingslektüre auf der heimischen Couch an.
Am Sonntagmittag lässt der Wind dann von Nordwesten her allmählich nach und die Chancen auf einen nachmittäglichen Spaziergang steigen wieder an, auch wenn es hier und da noch kurze Schauer, teils mit Graupel, geben kann. In der Nacht zum Montag lässt der Wind dann weiter nach, an den Küsten sowie im höheren Bergland muss allerdings auch weiterhin mit Sturmböen gerechnet werden.
Aber nicht nur der Wind tritt als warnwürdige Wettererscheinung auf. In der sich einstellenden nordwestlichen Strömung besteht zum einen an der Nordseeküste die Gefahr einer Sturmflut. Zum anderen muss landeinwärts in einem 24-stündigen Zeitraum ab Samstagabend besonders in Nordweststaulagen der zentralen Mittelgebirge sowie an den Alpen, also überall dort, wo die Luftmassen von Nordwesten her gegen die Gebirge gedrückt werden, mit länger anhaltenden und teils kräftigen Regenfällen gerechnet werden.
Und schließlich wird mit der nördlichen Strömung auch polare Kaltluft zu uns geführt, womit die Schneefallgrenze in der Nacht zum Montag gebietsweise sogar auf etwa 600 Meter absinkt. Entsprechend muss in den östlichen Mittelgebirgen sowie in den Alpen in höheren Lagen mit etwas Schnee gerechnet werden, wobei dies wohl nur dafür reicht, die Hochlagen etwas anzuzuckern.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.10.2017
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