Seit diesem Herbst ist es wieder so weit: Nach dem Auftreten eines sehr schwachen El Nino Ereignisses vor der südamerikanischen Westküste im vergangenen Sommer, das aus heutiger Sicht nur sehr knapp das Kriterium eines El Ninos erfüllt hat, trat während der Übergangsjahreszeit "Herbst/Winter" (auf der Südhalbkugel "Frühjahr/Sommer") zunehmend das Gegenstück "La Nina" in Erscheinung. Diese Zirkulationsanomalie soll sich im Verlauf dieses Winters ebenfalls zu einem nur schwachen Ereignis entwickeln. Über die Entstehung dieser Zirkulationsanomalien können im DWD Lexikon unter "http://bit.ly/2BAL0E4" mehr Informationen eingeholt werden. Ganz grob zusammengefasst werden während eines La Nina Ereignisses durch stärkere Nordostpassatwinde große oberflächennahe Wassermengen nach Westen gedrängt, sodass über dem östlichen Pazifik kaltes Tiefenwasser aufsteigen kann. Die Folge sind dann kühlere Meeresoberflächentemperaturen im Vergleich zum klimatologischen Mittel. Das aktuelle La Nina Ereignis spiegelt sich beim Blick auf die täglich berechneten Wassertemperaturanomalien der Ozeane wider (siehe Bild im Anhang). Westlich von Südamerika ist eine ausgedehnte Schleppe mit negativen Wassertemperaturabweichungen besonders in Äquatornähe auszumachen, während diese im Westpazifik durchweg positive Werte aufweisen.
Beim Blick auf die Anomalie-Karte fällt besonders eine dunkelrote, sehr warme Region ins Auge: Die Tasmanische See zwischen Südostaustralien und Neuseeland und das Seegebiet östlich von Neuseeland (siehe Abbildung). Zwar ist bekannt, dass ein La Nina Ereignis Auswirkungen auch auf das Wetter und Klima in Neuseeland und Australien haben kann, allerdings macht sich dies dort meist nur in stark abgeschwächter Form bemerkbar.
Doch woher rührt nun aktuell diese gewaltige Wärmeblase? Um diese Frage zu beantworten, muss man auf die Druckverteilung der vergangenen Wochen zurückschauen. Dabei ist ein nahezu ortsfestes und sich wiederholt regenerierendes Hochdruckgebiet über der Region zu erkennen, das seit nun mehr als einem Monat das Wetter in der Region bestimmt. Als Beispiel dafür dient Hobart, die Hauptstadt von Tasmanien, wo der Rekord für den durchschnittlichen Monatsluftdruck im November bisher bei 1018.8 hPa im Jahr 2007 lag. Aktuell wurde nun ein mittlerer Luftdruck von 1019.6 hPa erreicht: ein neuer Rekord für einen November und mehr als 7 hPa über dem Mittel von 1961 bis 1990!
Dieses beständige Hochdruckwetter sorgte auch dafür, dass das Meeresoberflächenwasser weniger stark aufgewühlt wurde. Während eines La Nina Jahres gewinnen die Passatwinde nördlich von Neuseeland an Kraft und unterdrücken dort neben dem Niederschlag auch die Durchmischung der Meeresoberfläche. Gleichzeitig sorgt ungewöhnlich hoher Luftdruck im Süden für stabile Verhältnisse. Diese, einem La Nina Jahr entsprechende Wind- und Druckverteilung, spiegelt sich auch aktuell bei der Wassertemperaturabweichung wider, die nördlich von Neuseeland normale bis leicht negative Werte aufweist. Unter dem Hochdruckeinfluss allerdings konnte sich die Meeresoberfläche dank der intensiven, äquatornahen Einstrahlung und der fehlenden Durchmischung immer weiter auf mittlerweile extreme Werte aufheizen. So liegen die Wassertemperaturen aktuell rund um Auckland (im Norden von Neuseeland) bei 21 bis 23 Grad mit ersten inoffiziell gemeldeten Spitzen bis 25 Grad. Dies sind Abweichungen vom langjährigen Mittel (1971 bis 2000) von teils mehr als 4 Grad mit punktuellen Spitzenabweichungen von mehr als 6 Grad. Diese extrem warmen Temperaturen werden zwar hauptsächlich oberflächennah beobachtet, doch auch in rund 200 m Wassertiefe liegen die positiven Abweichungen bei 1 bis 3 Grad. Kein Wunder, dass sich dieses warme Wasser auch auf die gesamte Region auswirkt, wo auf dem Festland im November unzählige Wärmerekorde verbucht wurden (die Auswirkungen auf das Ökosystem im Meer wird hier nicht näher betrachtet).
Der australische Wetterdienst hat vor wenigen Tagen in einem speziellen Bulletin einige der Rekorde dieser Wärmeperiode beschrieben, wobei man nicht vergessen darf, dass auf der Südhalbkugel der Sommer gerade erst begonnen hat. In Melbourne wurden im November 12 Tage mit mehr als 30 Grad Celsius gemessen, was den früheren Rekord von 10 Tagen aus dem Jahr 2009 übertrifft. In Victoria lag die mittlere Monatstemperatur mehr als 3 Grad über dem Mittel von 1961 bis 1990. Noch wärmer war es in Tasmanien mit einer Abweichung der durchschnittlichen Tageshöchsttemperatur von knapp 4 Grad, was den Rekord von 1914 nochmals um 2 Grad übersteigt und somit regelrecht pulverisiert. Es verwundert auch nicht, dass der Monat bei diesem Hochdruckbollwerk deutlich trockener als normal ausfiel.
Zu befürchten ist, dass das anhaltend warme Wasser in diesem Sommer noch weitere Monate mit positiven Temperaturabweichungen hervorrufen wird. Letzte Vorhersagen des australischen Wetterdienstes sagen daher auch für Südaustralien für die Sommersaison eine deutliche positive Temperaturabweichung voraus.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.12.2017
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