In Argentinien, auf der Südhalbkugel gelegen, herrscht von Dezember bis März Sommer, wobei die große Nord-Süd Ausdehnung Argentinien unterschiedlichste Klimazonen beschert. Unser Blick richtet sich dabei in diesem Thema des Tages auf die mit 1,3 Millionen Einwohnern nach Buenos Aires zweitgrößte Stadt Argentiniens: Cordoba. Die Stadt wurde in der dem Text beigefügten Abbildung jeweils mit einem gelben Stern hervorgehoben und liegt rund 650 km westnordwestlich der Hauptstadt Buenos Aires. Um die Entstehung der Gewitter nachvollziehen zu können, müssen wir auch kurz auf die geografischen Besonderheiten in dieser Region eingehen. In a) ist ganz im Westen des Kontinents der gewaltige Nord-Süd ausgerichtete Gebirgszug der Anden auszumachen, der sich in Höhenbereiche von 4000 bis teils mehr als 6000 m über dem Meeresspiegel erstreckt. In b) wurde zudem ein relativ kleiner, östlich der Anden gelegener Gebirgszug mit dem Namen "Sierras de Cordoba" hervorgehoben, entlang dem sich die Gewitter am
8. Februar unter anderem entwickeln sollten. Cordoba selber liegt nur rund 20 km östlich dieses Gebirges, wobei das Gelände innerhalb dieser Distanz um mehr als 1000 m abfällt.
Die Stadt liegt im Einflussbereich der Westwindzone und wird daher immer wieder durch von West nach Ost ziehende Tiefdruckgebiete und Fronten beeinflusst. Das unglaublich vielfältige Klima in diesem Thema des Tages näher zu beschreiben würde den Rahmen des Beitrages deutlich sprengen. Daher soll nur eine Auffälligkeit hervorgehoben werden. Wenn die feuchte und kühle Luftmasse vom Pazifik kommend auf die Anden trifft, wird sie zum Aufsteigen gezwungen, kühlt sich ab und bildet Wolken- und Regentropfen. Im Lee der Anden hingegen beginnt die Luftmasse der rasch abfallenden Orografie folgend nach unten zu stürzen und erwärmt sich dabei um 1 Grad pro 100 Meter. Mal bricht diese Luftmasse als trockener und heißer Fallwind bis zum Boden durch (namens "Zonda"), mal weht dieser hunderte von Metern über dem Erdboden nach Osten.
Am 8. Februar überquerte den Süden von Südamerika ein Höhentrog (siehe DWD Lexikon) von West nach Ost und sorgte dafür, dass in rund 4 bis 5 km über Grund ein mäßiger Westwind die Anden überquerte (in a) durch die Windvektoren hervorgehoben, wobei ein kleiner Strich 5 Knoten (grob 9 km/h) und jeder große Strich jeweils 10 Knoten (grob 19 km/h) Windgeschwindigkeit bedeuten). Diese trockene und warme Luftmasse strömte östlich der Anden und da speziell östlich der "Sierras de Cordoba" über eine bodennah sehr feuchte Luftmasse. Die am Boden gemessenen Taupunkte lagen zwischen 17 und 24 Grad, was in Verbindung mit Höchstwerten von 32 bis knapp 40 Grad eine extrem schwüle Luftmasse bedeutete (siehe b)).
Tagsüber sorgte die Sonneneinstrahlung nun dafür, dass die feuchte und bodennah wärmer werdende Luftmasse immer mehr danach strebte aufzusteigen, da Luft eine immer geringere Dichte besitzt und leichter wird, je wärmer sie ist. Diese Aufwärtsbewegung wurde allerdings bis weit in den Tag durch die darüber liegende trockene und vor allem warme Luftmasse unterdrückt, die von den Anden ostwärts strömte. Dieser Zustand wird als "potentiell labil" bezeichnet, wenn, wie hier, die Luftmasse am Aufsteigen (noch) gehindert wird. In a) ist diese Labilität farblich dargestellt, wobei rote Farben eine sehr labile Atmosphäre andeuten mit dem Potential für kräftige Gewitter.
Im Verlauf des späten Nachmittags allerdings wurde die bodennahe Luftmasse soweit aufgeheizt, dass sie über der "Sierras de Cordoba" in die Höhe schoss. Die aufsteigende Luft wird auch als "Aufwind" bezeichnet. Durch das rasche Aufsteigen kühlte sich die Luft schnell ab, bildete Wolken- und Regentröpfchen und letztendlich gewaltige Gewitterwolken, die mit heftigem Regen einhergingen. Gewitterwolken beinhalten aber auch Hagelkörner, die bei solch heftig aufsteigenden Luftmassen wie am 8. Februar sehr lange in den Wolken gehalten werden können und immer weiter anwachsen, bis sie nicht mehr in der Luft gehalten werden können. Dann fallen die Hagelkörner mal kleiner, mal größer zur Erde.
In c) ist im Satellitenbild knapp westlich von Cordoba ein roter Punkt zu sehen. Je oranger und roter die Farbe, desto kälter und hochreichender ist die Wolke. Dies ist ein sogenannter "overshooting top", wo die Gewitterwolke bis in die untere Stratosphäre reicht. Dort sind die stärksten Aufwinde zu finden, die Cordoba zu dem Zeitpunkt überqueren. Dieses Gewitter ließ dort für 20 Minuten Hagel"körner" mit teils mehr als 10 cm Durchmesser niederprasseln. Eines der Hagelgeschosse wies sogar einen Durchmesser von knapp 18 cm auf, was, wenn bestätigt, ein neuer Größenrekord für die südliche Hemisphäre darstellen würde. In d) erkennt man, wie dieses Unwetter ohne Abschwächung weiter nach Nordosten zog und wie sich auch weiter südlich ein weiteres heftiges Gewitter bildete, das ebenfalls großen Hagel brachte. Sehr schön sind auch Schwerewellen am Oberrand des Gewitters auszumachen, die entstehen, wenn der Aufwind stark vereinfacht gesprochen in die wärmere und somit stabil geschichtete Tropopause vorstößt, somit bildlich gesprochen wie gegen eine Wand läuft und wieder in sich zusammenfällt. Dabei bildet sich ein overshooting top, der in sich zusammenfällt und übrig bleiben nur Cirren (siehe DWD Lexikon). Diese werden in der Meteorologie als "jumping cirrus" bezeichnet, sind ebenfalls in Indikator für heftige Gewitter und wurden in d) hervorgehoben. Wie in e) zu sehen ist dauerten die heftigen Unwetter bis weit in die Nacht an und brachten neben großem Hagel auch Starkregen, Sturmböen und unzählige Blitzentladungen.
Auch wenn Cordoba in der argentinischen Hagelzone liegt, wo immer wieder große Hagelereignisse vermeldet werden, wird den Bewohnern dieses Ereignis dank der gewaltigen Hageldurchmesser noch lange in Erinnerung bleiben. Nun aber neigt sich die Sommerzeit allmählich dem Ende entgegen und aus klimatologischer Sicht verringert sich nun sowohl die Anzahl, als auch die Intensität der Gewittertage und -ereignisse.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.02.2018
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