Die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November gilt als offizielle Hurrikansaison für den Nordatlantik und die Karibik. In diesem Zeitraum ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten tropischer Stürme am größten. Das heißt aber auch, dass einzelne Stürme außerhalb dieser Spanne auftreten können. So auch dieses Jahr, als sich in den letzten Maitagen ein tropischer Sturm in der Karibik bildete und als solcher am 28. Mai in Florida auf Land traf.
Am 30. bzw. 31. Mai wurden von einem privaten britischen Unternehmen, Tropical Storm Risk (TSR), und der Colorado State University (CSU) in den USA Prognosen für die Aktivität der gerade begonnenen Hurrikansaison veröffentlicht. Während die CSU von einer durchschnittlich aktiven Saison mit 14 Stürmen, davon 7 Hurrikane und hiervon wiederum 3 schweren Hurrikanen (Kategorie 3 oder höher) ausgeht, sieht TSR eine deutlich weniger aktive Saison mit 9 Stürmen, 4 Hurrikanen und einem schweren Hurrikan. Zum Vergleich: Im Zeitraum von 1981-2010 gab es im Durchschnitt pro Jahr 12 Stürme, 6,5 Hurrikane und 2 schwere Hurrikane.
Nach der besonders aktiven Saison mit 6 schweren Hurrikanen im vergangenen Jahr wird also von weniger Hurrikanen für 2018 ausgegangen. Als Hauptgrund für die geringere Anzahl an erwarteten Stürmen werden die im Vergleich zum langjährigen Mittel aktuell um 1 Grad tieferen Oberflächentemperaturen des tropischen Atlantiks (zwischen 10-20 Grad Nord und 60-20 Grad West) genannt. Ein Grad mag zwar auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, aber über die Größe des Gebiets ist dies schon eine erhebliche Abweichung. Man muss schon bis zum Jahr 1994 zurückgehen, um noch größere negative Abweichungen zu finden. Als Folge der tieferen Wassertemperaturen steht möglichen tropischen Stürmen weniger Energie in Form von verdunstendem Wasserdampf zur Verfügung. Verantwortlich für das vergleichsweise kühle Wasser sind ungewöhnlich starke Passatwinde, ausgelöst durch ein kräftiges Subtropenhoch weiter nördlich, welche durch stärkere Verdunstung und eine bessere Durchmischung den oberflächennahen Ozean abgekühlt haben.
Die beiden vorgestellten Prognosen sind zwei der aktuellsten, bei weitem aber nicht die einzigen Einschätzungen. Eine Sammlung der Vorhersagen zur Hurrikanaktivität in diesem Jahr und Statistiken zu den vergangenen Jahren finden Sie auf einer gemeinsamen Seite des Barcelona Super Computing Center und der Colorado State University (http://www.bsc.es/seasonalhurricanepredictions/). Die dort aufgelisteten Prognosen zeigen noch eine größere Spanne möglicher Szenarien. Ein Grund für die diesjährige Prognoseunsicherheit ist die Frage, ob es im Laufe des Jahres zu einem El-Nino-Ereignis (https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/lexikon_node.html) kommt oder nicht. Prinzipiell tendiert El-Nino dazu die Hurrikanaktivität auf dem Atlantik zu hemmen.
Stets aktuelle Vorhersagen für die kommenden Tage zu tropischen Stürmen finden Sie auf der Webseite des National Hurricane Center (https://www.nhc.noaa.gov/).
MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.06.2018
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