Mit der Verwendung von Superlativen sollte man bekanntlich sparsam sein, aber heute kann man mal einen riskieren: Ein Hurrikan historischen Ausmaßes traf am gestrigen Mittwochabend und in der Nacht zum Donnerstag (10./11. Oktober 2018, deutscher Zeit) auf die US-Bundesstaaten Florida, Alabama und Georgia. Der bei Landfall in die zweithöchste Kategorie (Kat.-4) eingestufte Hurrikan richtete mutmaßlich immensen Schaden an.
Zunächst aber zu den Fakten: Hurrikan MICHAELs Brutstätte war das westliche Karibische Meer. Auf seinem Weg nach Norden konnte sich MICHAEL zwischen dem 7. und 10. Oktober insbesondere über dem teilweise bis zu 2 Grad zu warmen Wasser des Golfs von Mexico rasch von einem tropischen Sturm zu einem starken Hurrikan intensivieren. Zum großen Unglück für die Betroffenen erreichte MICHAEL - untypischerweise für einen Tropensturm - bei Landgang im sog. "Florida Panhandle" nahe Mexico Beach am Abend des 10. Oktober seinen Intensitätshöhepunkt. Mit einem Kernluftdruck von 919 hPa und gemittelten Windgeschwindigkeiten bis 250 km/h gehört MICHAEL so zu den stärksten Hurrikanen der US-amerikanischen Wettergeschichte. Ganz konkret ist MICHAEL bezogen auf den minimalen Kerndruck der stärkste Wirbelsturm nach CAMILLE (1969, 900 hPa) und dem "Labor Day Storm" (1935, 892 hPa). Hinsichtlich der mittleren Windgeschwindigkeiten gab es nach dem katastrophalen Hurrikan ANDREW (1992) keinen schlimmeren. Für den "Florida Panhandle", wo nur alle 9 bis 13 Jahre ein Hurrikan und sogar nur alle 20 bis 45 Jahre ein starker Hurrikan der dritten bis fünften Kategorie auftritt, ist es ohnehin der intensivste Wirbelsturm seit Aufzeichnungsbeginn. Doch noch außergewöhnlicher erscheint dieses Ereignis, wenn man sich vor Augen führt, dass sich die nordatlantische Wirbelsturmsaison bereits in den letzten Zügen befindet. Im Vergleich zu allen anderen stärkeren Hurrikanen zuvor, erreichte MICHAEL das US-Territorium mehr als einen Monat später.
Schon alleine diese Fakten sprechen für ein immenses Schadenspotenzial. Untermauert wird dies durch Messungen. Nach Angaben des "National Hurricane Centers" wurde nahe Tyndall Air Force Base eine Böe von 208 km/h gemessen, am Flughafen von Panama City eine Böe von 207 km/h. Eine Boje auf offener See maß eine Wellenhöhe von über 9 Metern, bevor die Datenübermittlung abbrach. Die Sturmflut an der Küste des "Florida Panhandles" erreichte an einigen Abschnitten eine Höhe von mehr als 3 Metern.
Das ganze Ausmaß der Schäden wird wohl erst in den nächsten Tagen deutlich werden, sodass es an dieser Stelle unangebracht ist, darüber zu spekulieren. Zwar hängt das Schadenspotenzials eines Sturms nicht nur von dessen Stärke, sondern auch von der Verwundbarkeit der betroffenen Region ab, aber die Tatsache, dass MICHAEL eine vergleichbare Intensität hatte wie beispielsweise Hurrikan MARIA, der 2017 Puerto Rico verwüstete, lässt Schlimmes befürchten. Durch "Storm Chaser", die in der betroffenen Region ein dichtes Beobachtungsnetz aufbauten und viel Bildmaterial über Social-Media-Kanäle verbreiteten, kann man zumindest eine Vorstellung vom Ausmaß der Schäden bekommen.
Zwar schwächt sich MICHAEL bedingt durch den Reibungseinfluss der Landfläche deutlich ab, auf seinem Weg über Georgia, South und North Carolina wird er jedoch bis zum Wochenende noch einiges an Regen abladen und für Überflutungen sorgen, bis er schließlich auf den Nordatlantik zieht und erst mal kein bewohntes Gebiet mehr bedroht. Ab dem Wochenende könnte MICHAEL dann aber als außertropisches Tief Einfluss auf das europäische Wettergeschehen nehmen - wie und in welcher Ausprägung, bleibt abzuwarten.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.10.2018
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