VIKTOR und das Warten auf Godot

Die Großwetterlage zeigt sich aktuell recht persistent, sprich sie lässt keine große Neigung erkennen, sich umzustellen. Das osteuropäische Hoch VIKTOR, dessen Name aus dem Lateinischen kommt und "Sieger" bedeutet, macht dabei ebendiesem Namen alle Ehre. Immerhin hat es schon einige Schlachten gegen anrennende Tiefdruckgebiete schlagen müssen und ist am Ende bisher immer als Gewinner aus dem Kräftemessen hervorgegangen.

Bis zur Wochenmitte bleibt es auch bei dieser Konstellation, und selbst in der zweiten Wochenhälfte ist VIKTOR auf unseren Wetterkarten noch zu erkennen, allerdings zieht er sich dann nach Osten zurück und verliert an Einfluss auf das Wetter in Deutschland.


Am heutigen Montag läuft das von VIKTOR angeworfene Heißluftgebläse aber noch auf stärkster Stufe, immerhin steigen die Temperaturen lokal nochmal auf bis zu 27 Grad. Danach schaltet VIKTOR zurück, am Dienstag soll es in der Spitze nochmal um 25 Grad, am Mittwoch um 23 Grad werden. Dabei muss man sich vor Augen führen, dass wir aktuell in die zweite Oktoberhälfte rutschen, in der solche Temperaturen alles andere als die Norm sind.

Neben den hohen Temperaturen hält Viktor auch viel Sonnenschein für uns bereit. Damit macht er auch eher den sommerlichen als den winterlichen Hochs alle Ehre, da letztere ja durchaus nicht selten Nebel oder hochnebelartige Bewölkung mit sich bringen. Davon kann bei VIKTOR keine Rede sein. Mit bis zu 11 Stunden Sonnenschein beglückte er uns am gestrigen Sonntag (vgl. Grafik), und das ist aktuell das astronomisch maximal Erreichbare.

Alles eitel Sonnenschein also? Nicht ganz. Insbesondere im Nordwesten und Norden lässt die Kraft von Viktor langsam nach. Das bedeutet, dass sich in den kommenden Tagen dort ein paar Wolken hereinschieben, die hier und da auch etwas Regen bringen können. Viel wird es nicht sein, daran gibt es nichts zu deuteln. Manche Modelle, auch das ICON des Deutschen Wetterdienstes, sehen morgen und am Mittwoch von Hessen über Ostwestfalen bis nach Niedersachsen bzw. in Mitteldeutschland die Chance auf Schauer und auch mal ein kurzes Gewitter (vgl. Grafik). Manche Modelle sehen das aber auch anders! An den Alpen gibt es dann in der zweiten Wochenhälfte gewisse Chancen auf Regen. Letztendlich kann man es aber drehen und wenden wie man will - die erwarteten Regenmengen werden auch in der kommenden Woche wieder überschaubar sein, verbreitet bleibt es trocken, und so hält auch die Dürre vielerorts weiter an. Das Warten auf den Regen gestaltet sich also ein wenig so wie das berühmte Warten auf Godot.

Und dies bleibt auch so, wenn VIKTOR in der zweiten Wochenhälfte abdankt! Dann soll sich zwar tatsächlich von Norden eine schwache, kaum wetterwirksame Kaltfront nach Deutschland vorarbeiten - und mit dazu beitragen, dass Viktor endgültig seinen Weg ins Exil nach Sibirien antritt. Das Problem ist nur: Ein Nachfolger steht schon bereit! Hinter besagter Kaltfront schiebt sich von Westen ein Hoch zur Nordsee, welches dann am kommenden Wochenende unser Wetter dominiert.

Das neue Hoch könnte dabei den Namen WOLFGANG tragen. Der Namensteil WOLF erklärt sich von selbst. Der Namensteil GANG stammt aus dem Althochdeutschen und kann mit "Streit", "Ansturm" oder "Waffengang" übersetzt werden. Da bleibt nur zu hoffen, dass der streitbare WOLFGANG, so das Hoch diesen Namen denn bekommt, bei seinen Auseinandersetzungen mit Tiefausläufern nicht so erfolgreich ist wie VIKTOR.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.10.2018

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