"Von O bis O"

In den vergangenen Wochen erlebten wir einen goldenen Oktober, wie man ihn sich nicht besser vorstellen könnte. Verbreitet neue Temperaturrekorde über 25 Grad weckten eher Sommer- als Wintergefühle. Bei diesen Wetterbedingungen hat man ganz vergessen, dass wir uns meteorologisch gesehen bereits in der zweiten Hälfte des meteorologischen Herbstes (1. September bis 30. November) befinden. In dieser Woche gestaltete sich das Wetter schon eher der Jahreszeit entsprechend. Kühlere Temperaturen, Wind, viele Wolken und zumindest in vielen Regionen etwas Regen waren mit von der Partie. Der Herbst schreitet weiter voran, da wird es nun auch für Autofahrer so langsam Zeit, sich auf die Wintersaison vorzubereiten.


Als grober Anhaltspunkt für das Wechseln von Sommer- zu Winterreifen und umgekehrt gilt die Faustregel "Von Oktober bis Ostern", kurz gesprochen "Von O bis O". Natürlich darf man diese Regel nicht allzu streng nehmen. Das sieht man schon alleine daran, dass Ostern jedes Jahr auf ein anderes Datum fällt. Generell hängt der geeignete Termin für den Reifenwechsel von den aktuellen Wetterbedingungen ab. Gerade bei frühen Ostern kann es durchaus auch nach Ostern noch ein winterliches Intermezzo geben.


In Deutschland gibt es keinen gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum für die Nutzung von Winterreifen. Aber die Straßenverkehrsordnung verpflichtet, bei winterlichen Straßenverhältnissen nur mit wintertauglichen Reifen zu fahren. In Österreich sieht das Gesetz hingegen vor, dass im Zeitraum vom 1. November bis 15. April bei Schnee, Matsch, Reif oder Glatteis Winterreifen verwendet werden müssen.


Aber nicht nur bei Schnee und Glätte sind Winterreifen ratsam. Auch die Temperatur hat einen entscheidenden Einfluss auf die Bodenhaftigkeit der Reifen. Damit ein Winterreifen auch bei kalten Temperaturen geschmeidig bleibt, enthält die Gummimischung einen hohen Anteil von Naturkautschuk. Aber Vorsicht! Auch ein zu früher Wechsel von Sommerreifen auf Winterreifen ist nicht von Vorteil, denn bei zu hohen Temperaturen wird der Winterreifen zu weich, was sich ebenfalls negativ auf die Bodenhaftigkeit auswirkt. Hätte man in diesem Jahr die oben genannte Faustregel für bare Münze genommen und hätte schon Anfang Oktober den Wechsel vollzogen, wäre man sicher nicht gut beraten gewesen. Lange Zeit galt als Anhaltspunkt, die Reifen bei etwa 7°C zu wechseln. Allerdings hängt die ideale Temperatur von der genauen Reifenart ab - ganz falsch liegt man bei dieser Temperatur für den Reifenwechsel dennoch nicht.


Das kommende Wochenende eignet sich ganz gut für den Einsatz von Wagenhebern und Radmutterschlüsseln, denn die Wetterlage stellt sich um. Über Westeuropa stößt ein Höhentrog mit polarer Kaltluft weit nach Süden bis zur Iberischen Halbinsel vor, wo er in der Nacht zum Sonntag zu einem Höhentief abtropft. An der Vorderseite bildet sich über dem noch warmen Mittelmeer in der Nähe der Balearen ein Tiefdruckgebiet. Ein zweites Tief befindet sich über der Ostsee. Die dazugehörige Kaltfront überquert am heutigen Freitag und in der Nacht zum Samstag Deutschland mit leichten Regenfällen (siehe Abbildung). Hinter ihr wird fließt Kaltluft ein. Gleichzeitig wird an der Vorderseite des Balearentiefs Warmluft nach Norden über die Alpen transportiert und gleitet auf die eingeflossene Kaltluft auf. Die damit verbundenen Niederschläge vereinen sich über Süddeutschland mit den Niederschlägen der Kaltfront. Dabei sinkt die Schneefallgrenze immer weiter ab, sodass in der Nacht zum Sonntag vor allem im Schwarzwald und der Schwäbischen Alb die ersten Schneefälle erwartet werden. Die Schneefallgrenze könnte zeitweise auf 800 m sinken, örtlich ist durchaus mit einigen Zentimetern Neuschnee zu rechnen. Sonntagmorgen könnten auch die fränkischen Mittelgebirge und ab Sonntagmittag der Thüringer Wald und das Erzgebirge etwas Schnee abbekommen, viel liegen bleiben wird dort aber nicht. Auch im Tiefland wird es ungemütlich bei sehr kühlen Temperaturen zwischen 4 und 8 Grad. Winterreifen sind bei diesen Wetteraussichten sicher keine schlechte Wahl.


Dipl.-Met. Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2018

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