Draußen kalt, drinnen warm, Fenster nass...

Blickt man derzeit auf das Thermometer und anschließend auf den Kalender, so stellt vermutlich manch einer fest: Passt! Sowohl kalendarisch als auch wettertechnisch ist Winter angesagt. Klar, in weiten Teilen des Landes liegt zwar kein Schnee, aber immerhin machen die Temperaturwerte der Jahreszeit alle Ehre. Und kaum ist es draußen mal richtig kalt, schon schränken unzählige Tröpfchen an den Rändern der Fensterinnenseiten die freie Sicht aus der warmen Stube nach draußen ein. Um physikalisch erklären zu können, warum es denn eigentlich am Fenster zu dieser Tröpfchenbildung kommt, muss man sich mit der relativen Luftfeuchtigkeit beschäftigen.

Die relative Luftfeuchte beschreibt das Verhältnis zwischen dem tatsächlichen und dem maximal möglichen Wasserdampfgehalt des betrachteten Luftvolumens (meistens 1 m³ Luft) und wird üblicherweise in Prozent angegeben. Eine relative Luftfeuchte von 100 % bedeutet also, dass die Luft genauso viel Wasserdampf enthält, wie es ihr maximal möglich ist. Sie ist dann gesättigt und kann keinen weiteren Wasserdampf mehr aufnehmen. Wird dann doch noch weiterer Wasserdampf zugeführt, kondensiert dieser überschüssige Wasserdampf und es entstehen Tröpfchen. In freier Wildbahn kann man dieses "Phänomen" zum Beispiel bei der Bildung von Tau, Nebel oder Wolken beobachten.

Wie viel Wasserdampf nun ein bestimmtes Luftvolumen aufnehmen kann, hängt von der Lufttemperatur ab. Wärmere Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als kältere. Während beispielsweise 1 m³ Luft bei 15 Grad 13 g Wasserdampf speichern kann, sind bei 0 Grad nur noch maximal 5 g möglich. Bei -18 Grad, wie beispielsweise in der Nacht zum vergangenen Montag an der Station Deutschneudorf-Brüderwiese (Erzgebirge) gemessen, reicht sogar schon etwa 1 g Wasserdampf um 1 m³ Luft "satt" zu bekommen.

Übertragen wir das mal auf die Fensterinnenseite: Vor allem im Winter gehören Fensterscheiben mit zu den kältesten Stellen eines Raums,
d.h. die Luft, die sich direkt am Fenster befindet, hat eine niedrigere Temperatur als beispielsweise die in der Mitte des Raums. Da die Wasserdampfmenge in einem Raum aber im Normalfall überall gleich ist, ist die relative Luftfeuchte direkt am Fenster am höchsten und somit auch die Neigung zur Kondensation. Um dies so gut wie möglich zu verhindern, stehen Heizungen auch häufig unter den Fenstern.

Damit dieses Kondenswasser nicht zum Problem wird (Stichwort Schimmelbildung), ist es wichtig, der erhöhten relativen Luftfeuchte an bestimmten Stellen im Raum entgegen zu wirken, z.B. indem man mehrmals täglich für wenige Minuten stoßlüftet. Dadurch gelangt kühlere Luft in den Raum, die im Normalfall deutlich weniger Wasserdampf beinhaltet als die bisherige Raumluft. Vermischt sich nun die einfließende Luft mit der Raumluft und der unmittelbar am Fenster vorhandenen feuchten Luft, sinkt insgesamt der absolute Wasserdampfgehalt der Luft im Raum. Häufig ist dieser Effekt sogar so stark, dass nicht nur die Raumtemperatur, sondern auch die relative Luftfeuchtigkeit im gesamten Raum sinkt. Schließt man nun die Fenster und kurbelt die Heizung wieder an, bleibt die absolute Wasserdampfmenge in der Luft unverändert, ihre Temperatur nimmt aber - sofern die Heizung ihren Job macht - wieder zu. Die relative Luftfeuchtigkeit sinkt also weiter ab, bis entweder die gewünschte Raumtemperatur erreicht ist oder Feuchtequellen wie beispielsweise feuchte Klamotten auf dem Wäscheständer sich in den Wasserdampfgehalt der Luft einmischen.

Aber nicht nur Ihre Fensterdichtungen werden Ihnen für ein regelmäßiges Lüften dankbar sein, sondern sicherlich auch Ihr Körper und Geist. Letztere aber wohl eher für die Zunahme des Sauerstoffgehalts im Raum.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.01.2019

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