Bereits im gestrigen Thema des Tages (14.02.2019) wurde die aktuelle Hochdruckperiode an sich und deren Auswirkungen auf den Tagesgang der Temperatur, auf die Entwicklungen in der Natur sowie auf die Pollenbelastung thematisiert. Da das Hochdruckgebiet DORIT unser Wettergeschehen weiterhin prägt, wird im heutigen Thema des Tages einer dieser Teilaspekte herausgegriffen und detaillierter beleuchtet: die Vorhersage der Tageshöchst- und der Tagestiefsttemperatur bei winterlichen Hochdrucklagen.
Umfangreiche Hochdruckgebiete mit Schwerpunkt über Mitteleuropa führen in Deutschland normalerweise zu wenig spektakulären Wettervorgängen. Im Sommer verhindern diese zum Beispiel die Ausbildung von Schauern und Gewittern und sorgen für viel Sonnenschein. Im Winter kommt es dagegen bei hohem Luftdruck durch Nebel oder Hochnebel gebietsweise zu trüben Witterungszuständen. Die Warnaktivität beschränkt sich daher bei solchen Wetterlagen häufig auf die Ausgabe von nächtlichen Nebel- oder Frostwarnungen. Allerdings ist sowohl die Vorhersage der Tiefstwerte als auch der Tageshöchsttemperaturen gerade bei solchen ruhigen winterlichen Hochdrucklagen einigen regionalen Besonderheiten unterworfen.
Während längerer Hochdruckperioden kommt es im Winterhalbjahr häufig zu sogenannten "Temperaturinversionen". Dabei nimmt die Temperatur nicht wie sonst üblich mit der Höhe ab, sondern zu. Solche Inversionen resultieren aus zwei wichtigen Prozessen: Zum einen sammelt sich während der Nacht die kalte und damit schwerere Luft in den Tälern und Senken und kann dort durch die im Winter tief stehende Sonne tagsüber nur langsam erwärmt werden. Zum anderen sinkt in einem Hochdruckgebiet die Luft aus größeren Höhen ab und wird dabei mit ca. 1 Grad pro 100 m erwärmt (trockenadiabatische Erwärmung). Häufig kann sich diese erwärmte Luft aber nicht bis in die Täler oder ins Flachland durchsetzen und wirkt daher nur in den mittleren Lagen. Im Gegensatz zur vorher erwähnten "Bodeninversion" nennt man diesen Effekt daher "freie Inversion" oder "Absinkinversion". Das Resultat beider Prozesse, die häufig in Kombination auftreten, ist aber identisch: auf den Bergen ist es besonders in den Nächten deutlich wärmer als in den Tälern oder im Flachland. In der vergangenen Nacht wurde zum Beispiel in Arnstein-Müdesheim am unteren Main ein Tiefstwert von -6 Grad gemessen, auf der Wasserkuppe in der Rhön waren es dagegen +3 Grad. In NRW gibt es ein ähnliches Beispiel: -5 Grad in den Tälern des Sauerlandes und +5 Grad auf dem Kahlen Asten.
Eine solche inverse Temperatursituation hat aber nicht nur Auswirkungen auf die Tiefstwerte, sondern auch auf die am Folgetag zu erwartenden Höchstwerte. Besonders im Hochwinter, wenn der Sonnenstand gering ist, steht zu wenig Energie zur Verfügung um die bodennahen Luftschichten deutlich zu erwärmen. Damit wird aber auch die thermische Durchmischung der untersten Atmosphärenschichten verhindert. Die Folge davon sind Kaltluftseen in den Tälern und Senken.
Eng in Verbindung mit diesen Kaltluftseen steht die Ausbildung von Nebelfeldern. Ist die bodennahe Luft sehr feucht und die nächtliche Abkühlung deutlich, können sich während der Nacht Nebel- oder Hochnebelfelder bilden. Diese hindern nun tagsüber die Sonneneinstrahlung daran bis zum Boden durchzudringen. Damit wird die Ausbildung eines Kaltluftsees durch Nebel noch verstärkt. Allerdings wird diese Problematik in den nächsten Tagen im Hintergrund stehen, da die Nebelwahrscheinlichkeit aufgrund der sehr trockenen Luftmasse äußerst gering ist.
Bei den Tiefstwerten muss noch eine weitere Besonderheit beachtet werden. Die nächtliche langwellige Abstrahlung des Bodens ist direkt abhängig von dessen Emissionsvermögen. Dieses unterscheidet sich aber zum Beispiel deutlich zwischen einem normalen Erdboden oder einer bebauten Fläche und einer schneebedeckten Oberfläche. Schnee hat eine deutlich bessere Abstrahleigenschaft und führt so zu deutlich tieferen nächtlichen Temperaturen. Allerdings ist Schnee nicht gleich Schnee. Während frisch gefallener Schnee die nächtliche Auskühlung am besten voranbringt, verringert sich dieser Effekt bei alterndem Schnee. Daher werden die Tiefstwerte über Schnee während dieser Hochdruckperiode von Tag zu Tag höher ausfallen.
An dieser Stelle kann nur ein Ausschnitt von zu beachtenden Effekten bei der Temperaturprognose beschrieben werden. Dies zeigt aber deutlich, dass man auch bei ruhigen Wetterlagen durchaus ein paar Gedanken in die regionale und lokale Temperaturprognose investieren kann. Allerdings unterstützen uns dabei mittlerweile sehr gute statistische Vorhersagemodelle.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.02.2019
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