Zugegeben, viele werden das unbeständige, niederschlagsreiche und phasenweise sehr stürmische Wetter der vergangenen Wochen als überaus unangenehm empfunden haben. Für die Natur, die tatsächlich immer noch mit der außerordentlich trockenen Witterung des vergangenen Jahres zu kämpfen hat, war es aber in jedem Fall mehr Segen als Fluch, um die bekannte Redewendung mal "umzupolen". In den letzten 30 Tagen fielen verbreitet nennenswerte Niederschlagsmengen zwischen 50 und 80, im Westen und Nordwesten gebietsweise um 100, in den Mittelgebirgen sowie an den Alpen bis 150, in den typischen Staulagen stellenweise auch über 200 Liter pro Quadratmeter!
Doch nun scheinen die Tage der nassen Witterung vorerst gezählt. Gaben sich atlantische Tiefdruckgebiete zuletzt die Klinke in die Hand und trieben mit kräftiger Westströmung immer wieder Regenwolken über das Land, stehen die Zeichen nun auf Hochdruckeinfluss.
Es ist Hoch HANNELORE, um das Kind beim Namen zu nennen, das sich als Ableger des gemein bekannten Azorenhochs in den nächsten Tagen mit seinem Schwerpunkt über West- nach Mitteleuropa verlagert. Es fühlt sich dort so richtig wohl und ist nicht gewillt bis zum Wochenende zu weichen. Eine kleine Schwachstelle kann allerdings durchaus ausgemacht werden: An der Nordflanke von HANNELORE nutzen Tiefausläufer den einzigen Schwachpunkt des Hochs aus und führen feuchtere und wolkenreichere Luft heran, sodass es dort im Wochenverlauf tatsächlich zeitweise mal leicht regnen kann. Ansonsten aber erweist sich HANNELORE als zuverlässiger "Schutz" gegen die Tiefausläufer und lässt die Sonne häufig von früh bis spät vom Himmel lachen.
Im Laufe des kommenden Wochenendes zieht es HANNELORE dann aber nach Südosteuropa. Sie scheint es allerdings nicht versäumen zu wollen, für standesgemäße Nachfolge zu sorgen. Von Westen nähert sich bereits das nächste, kräftige Hoch. Es ist jedoch sehr fraglich, ob es als Destination ebenfalls Mitteleuropa wählt oder doch lieber über West- oder Nordwesteuropa verweilen möchte. Trifft Letzteres ein, tut sich zwischen dem abgezogenen Hoch HANNELORE und seinem Nachfolger eine Sollbruchstelle auf, die atlantische Tiefausläufer bekanntlich sehr effektiv auszunutzen vermögen. Die verschiedenen Wettermodelle simulieren sehr unterschiedliche Szenarien, was für eine erhöhte Unsicherheit in der Wettervorhersage ab dem Wochenende spricht. Mit ziemlicher Sicherheit lässt sich aber festhalten, dass der Norden und Osten insgesamt anfälliger gegenüber Tiefdruckeinfluss ist, womit man dort ab dem Wochenende, insbesondere zu Beginn der kommenden Woche mit zunehmender Niederschlagsneigung rechnen sollte. Nach Westen zu werden sich etwaige Tiefausläufer aufgrund der Nähe zum "neuen" Hoch dagegen nur schwerlich entfalten können, womit es dort eher niederschlagsarm weitergeht. Auch auf das Temperaturniveau hat diese Gemengelage übrigens bedeutsamen Einfluss. Da es hier nicht im Fokus steht, nur ganz kurz: Nach allgemeiner Milderung ist ab dem Wochenende von mollig-warm bis gesäß-kalt so ziemlich alles denkbar, wobei das Pendel in den jüngsten Computersimulationen eher in Richtung "kalt" ausschlägt.
Genug "philosophiert", wir Meteorologen sind schließlich Wissenschaftlicher und somit auch an nackten Zahlen interessiert. Blicken wir deshalb nun auf die von den Computermodellen berechneten aufsummierten Niederschlagsmengen (siehe Grafik auf https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/3/19.html). Bis Samstagmittag (23.03., 13 Uhr MEZ) manifestiert sich in den Berechnungen aller vorliegenden Modelle (ICON, GFS und EZMW) der zunehmende Einfluss von Hoch HANNELORE in verschwindend geringen Niederschlagsmengen im Süden und in weiten Teilen der Mitte Deutschlands. Nach Norden zu werden immerhin zwischen 1 und 3 l/qm angeboten. Bis Tag 10 (das ist der 29.03., das Ende der sog. Mittelfrist, nach der sich die Wettervorhersage asymptotisch der Kaffeesatzleserei annähert) soll es nach GFS im Westen und Südwesten weiterhin fast trocken bleiben, während sonst als Folge des wieder aufflammenden Tiefdruckeinflusses um 5, stellenweise bis 10, an den Alpen bis 20 l/qm zusammen kommen sollen. EZMW sieht verbreitet 5 bis 10 l/qm, stellenweise bis 20 l/qm, an den Alpen auch noch mehr. Doch selbst wenn das EZMW-Szenario eintreten sollte, wären das im Vergleich zu den vergangenen Wochen kaum nennenswerte Niederschlagsmengen, erst recht für den betrachteten Zeitraum von 10 Tagen.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.03.2019
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