Im Winterhalbjahr wird der Polarwirbel über der Arktis durch den EL Ninjo gestärkt, indem die Temperaturgegensätze im Atlantik verschärft werden. Wie stark ist dieser Zusammenhang sonst ausgeprägt?
Der Einfluss der Warm- und Kaltphasen der EL Ninjo Southern Oscillation (ENSO, siehe Thema des Tages vom 01.03.2019 und 30.11.2018) auf unser Wettergeschehen hier in Mitteleuropa ist in Wissenschaftskreisen eher umstritten. Allerdings wird zumindest im Winterhalbjahr die Stärkung des Polarwirbels über der Arktis durch größere Temperaturgegensätze Süd-Nord über dem Atlantik ins Spiel gebracht. Zumindest sorgt dann die Warmphase (also EL Ninjo) für positive Anomalien der Meeresoberflächentemperatur im West- und Ostpazifik sowie auch im äquatorialen Bereich des Atlantik. Bei der Kaltphase La Ninja ist es genau umgedreht, dann sorgen negative Anomalien der Meeresoberflächentemperaturen für eine Abschwächung des Temperaturgradienten von Süd nach Nord. Das System der Zirkulationen und Wechselwirkungen zwischen den Ozeanen und der Atmosphäre ist sehr komplex und weist vielfältige Rückkopplungen auf. Aber, Temperaturschwankungen der Ozeane werden als so genannte Temperaturwellen bis in die Stratosphäre übertragen. Der Süd-Nord-Austausch erfolgt über Aufsteigen der Warmluft am Äquator und Transport sowie Absinken in mehreren Etappen polwärts, das alles bei sich drehender Erde. Und eben diese beiden Faktoren, also der Transport von Wärme und Impuls (Drehimpuls der Erde) erfolgen meridional nach Norden. Diese Wärmekraftmaschine funktioniert im Winterhalbjahr optimal, wenn die Arktis stark abkühlt und sich in der Höhe (besonders stark ausgeprägt in der Stratosphäre) der so genannte Polarwirbel (siehe Link unten) ausbildet. An der Grenze zum verhältnismäßig warmen Atlantik bildet sich im Winterhalbjahr ein kräftiger Jet-Stream mit hohen Windgeschwindigkeiten (aufgrund großer Temperaturunterschiede) heraus, der sich wie die Erde von West nach Ost bewegt. Das sind für uns in Mitteleuropa normale Strömungsverhältnisse. Wenn diese gestört sind, treten häufiger Hochdruck- bzw. Blockadewetterlagen auf, siehe letztes Jahr. Ursache für solche Störungen sind u.a. positive Temperaturanomalien auch in Teilen des Nordatlantiks, die dann unter Umständen zu positiven Druckanomalien führen und Strömungsmuster umkehren können. Dann kann es mitunter vorkommen, dass die warme Luft mal nicht aus Süden, sondern aus Norden kommt. Übrigens befanden wir uns bis zum Herbst 2018 in ähnlichen und häufig wiederkehrenden Strömungsmustern. Zudem waren wir auch in der Kaltphase von ENSO (La Ninja), siehe auch Link unten.
Seit dem Spätherbst 2018 erfolgte der Übergang zu einem moderaten EL Ninjo-Ereignis, das bis dato andauert. Im Winter 2018/2019 stellte sich ab Mitte/Ende Dezember die Großwetterlage auf vorwiegend zonale, also Westwetterlage um, was zumindest bis Ende März 2019 andauerte. Mit Stand 20.Mai lässt sich konstatieren, dass der Polarwirbel zwar aufgeteilt, aber weiterhin relativ intakt ist und trotz teils positiver Temperaturanomalien über Teilen des Nordatlantiks unser Wettergeschehen weitgehend bestimmt.
Genau das wollen wir in einer Studie genauer untersuchen: inwieweit in den jeweiligen ENSO-Phasen eine Korrelation über das Winterhalbjahr hinaus möglich ist bzgl. Tiefdruckaktivität speziell über dem Atlantik und damit relevante und direkte Auswirkungen auf das Wetter hier bei uns in Mitteleuropa hat.
Dr.-Met. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.05.2019
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