Die Wetter- und Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes werden nicht nur farblich codiert, sondern beinhalten darüber hinaus noch wertvolle Zusatzinformationen. Anhand dieser können die möglichen Folgen von meteorologischen Ereignissen besser abgeschätzt werden.
Wie auch schon am Pfingstmontag, mussten wir auch am gestrigen Dienstag unsere Warnkarte ab den späten Nachmittagsstunden ordentlich einfärben. Die Farben reichten schließlich von orange über rot bis hin zu violett. Ursächlich dafür waren erneut heftige Gewitterentwicklungen, die besonders die Osthälfte Deutschlands betrafen. An sich ist die Farbe der Warnung bereits ein eindeutiger Hinweis auf die Gefährlichkeit der Gewitterentwicklung, allerdings sollten auch die in jeder Warnung enthaltenen Zusatzinformationen beachtet werden. Unter anderem kann daraus entnommen werden, von welchem Parameter die höchste Gefahr ausgeht. Im Idealfall können danach auch die weiteren Handlungen abgeleitet werden.
Naturgemäß steht ein jedes Gewitter in unmittelbarem Zusammenhang mit einer erhöhten Blitzgefahr. Zu Blitzen kommt es allerdings nicht nur im Kernbereich des Gewitters, diese sind auch in deutlicher Entfernung davon möglich. Aus diesem Grund und um eine angemessene Vorlaufzeit zu gewährleisten, sind unsere Warnungen auch immer etwas größer gefasst. Grundsätzlich sollte bereits nach dem ersten wahrgenommenen Donner an mögliche Schutzmaßnahmen gedacht werden. Zum Beispiel wäre ein Blick auf unsere WarnWetter-App sehr sinnvoll, denn darin sind nicht nur unsere aktiven Warnungen, sondern auch aktuelle Radarbilder verfügbar. Nähert sich das Gewitter an, sind Räumlichkeiten oder geschlossene Fahrzeuge (Stichwort "Faradayscher Käfig") der sicherste Ort. Das Sprichwort von den "zu suchenden Buchen" und den zu "meidenden Eichen" ist übrigens nicht von wissenschaftlichen Erkenntnissen abgeleitet.
Häufig steht mit Gewittern auch kräftiger Regen in Verbindung. Erreicht dieser eine Rate von mehr als 25 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde, fällt dieser in die Kategorie "heftiger Starkregen". Werden mehr als 40 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde erreicht, spricht man von "extrem heftigem Starkregen". Bei letzterer Regenrate würde das Wasser nach einer Stunde im vom Gewitter betroffenen Gebiet theoretisch 4 cm hoch stehen. Das klingt erstmal nicht nach viel, allerdings kann dies besonders in bebauten Gebieten schon zu ordentlichen Problemen führen. Überschwemmte Keller und Tiefgaragen sind dann oft unausweichlich, auch kleine Bäche können über die Ufer treten. Besonders gefährlich sind auch größere, zusammengeschlossene Gewittergebiete (sog. "Cluster"), die nicht nur örtlich, sondern in einem größeren Gebiet für Starkregen sorgen. In einem solchen Fall sind teilweise auch mittelgroße Bäche von Ausuferungen betroffen. Außerdem ist die Witterung der Vortage von unmittelbarer Bedeutung. Ist der Boden bereits durch Wasser gesättigt, können auch verhältnismäßig kleine Gewitterereignisse zum Problem werden. Aktuell führen beispielsweise die großen Flüsse mit hochalpinem Einzugsgebiet (Inn, Rhein) durch die starke Schneeschmelze teilweise Hochwasser. Länger anhaltende Gewittertätigkeit in den Alpen kann dann "das Fass schnell zu Überlaufen bringen".
Neben dem Starkregen ist auch der Hagel eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Ab einer Korngröße von mehr als 1,5 cm werden die Gewitter nach unseren Warnkriterien bereits mit Unwetter bewarnt. Es macht jedoch einen riesigen Unterschied, ob ein Hagelkorn mit einem Durchmesser von 2 cm, oder eines mit mehr als 5 cm zu Boden fällt. Bei Großhagel sind schwere Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen, an Gebäuden oder Fahrzeugen wahrscheinlich. Unterschätzt wird allerdings häufig die Gefahr für den Menschen. Große Eiskörner haben nämlich durchaus das Potential einer Person ernsthafte, unter Umständen auch lebensgefährliche Verletzungen zuzufügen.
Das vierte mit Gewittern in Verbindung stehende Wetterelement ist der Wind. Dabei können die in Gewitternähe resultierenden Böen bis hin zu Orkanstärke reichen. Besonders bei den kräftigsten Gewitterzellen der letzten Tage wurden solche Böen mit mehr als 120 km/h auch von unseren Wetterstationen gemessen. Man kann sich vorstellen, dass zum Beispiel belaubte Bäume, lose Gegenstände oder herausgelöste Dachziegel hier durchaus zur Gefahr werden können.
Am heutigen Mittwoch besteht die Unwettergefahr durch teils schwere Gewitter vor allem in den Regionen vom Erzgebirge und der Lausitz bis zur Ostsee. Die Hauptentwicklungen werden am Nachmittag, Abend sowie in der ersten Nachthälfte erwartet. Neuerlich sind stellenweise heftiger Starkregen, größerer Hagel sowie einzelne Orkanböen möglich. Behalten Sie daher bitte unsere Warnungen stets im Auge.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.06.2019
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