Regenreiche Gewittertage

In den vergangenen Tagen kam es zu teils kräftigen Gewittern, die mancherorts unwetterartige Regenmengen gebracht haben. Doch wie so oft bekam nicht jeder etwas vom Regen ab.

Von Freitag bis zum gestrigen Montag regnete, blitzte und donnerte es in vielen Regionen Deutschlands. Viele haben sich sicherlich über den lang ersehnten Regen gefreut, der einem das tägliche Gießen im Garten erspart hat. Aber man kennt es von Gewitterlagen: Einerseits war das kostbare Nass auch dieses Mal nicht jedem vergönnt. Dafür schüttete es andernorts gleich so viel in kurzer Zeit, dass Ortschaften und Straßen unter Wasser standen oder Keller vollliefen, wie am gestrigen Montag in Teilen von Mecklenburg-Vorpommern oder Berlin. Diese Ungerechtigkeit ist vor allem dadurch zu erklären, dass der Wind in allen Atmosphärenschichten sehr schwach war. Somit verlagerten sich die Gewitter nur sehr langsam oder waren wie festgenagelt. Sie sorgten daher dort, wo sie entstanden waren und für einige Zeit verweilten, für sehr hohe Regenmengen, während im Nachbarort nicht selten nur ein paar kleine Regentropfen sanft vom Himmel fielen. Bis die Gewitter nämlich die Wegstrecke zum nächsten Ort zurückgelegt hatten, ging ihnen oft schon wieder die Luft aus. Typisch für derartige Gewitterlagen ist eine "Streuselkuchen"-artige Verteilung der aus Radardaten abgeleiteten Regenmengen (siehe Abbildungen).


Ursache für die recht häufigen Gewitter war zum einen eine feuchtwarme Luftmasse. Nicht nur am Boden war die Feuchte durch eine teils merkliche Schwüle zu verspüren. Auch in höheren Atmosphärenschichten war der Wassergehalt sehr hoch, sodass den Gewittern viel Wasser zur Verfügung stand, was sich schließlich in heftigem Starkregen äußerte. Des Weiteren bildete sich in bodennahen Luftschichten ein rinnenförmiges Tief, in das von beiden Seiten die Luft im Bereich einer Konvergenzlinie zusammenströmte und dadurch zum Aufsteigen gezwungen wurde (siehe Thema des Tages vom 27. Juli).


Am vergangen Freitag und Samstag tummelte sich die Tiefdruckrinne in der Südwesthälfte Deutschlands. Vor allem auf der Südwestseite der Rinne, wo sich die feuchteste Luft befand, kam es zu Gewittern. Etwa von der Eifel über Rheinland-Pfalz und Südhessen bis nach Bayern und insbesondere in Baden-Württemberg schüttete es stellenweise kräftig (Abb. 1). Besonders am Samstag und in der Nacht zum Sonntag, als sich die Gewitter zu größeren Regengebieten zusammenschlossen, kamen teils erhebliche Regenmengen zusammen. An etlichen Messstationen wurde über 50 mm (entspricht 50 l/qm) Regen gemessen, punktuell gab es sogar noch mehr Regen innerhalb weniger Stunden. So wurden zum Beispiel im rheinland-pfälzischen Wittlich 93 mm, in Grasellenbach-Hammelbach im Odenwald 76 mm oder in Niederstetten im Nordosten von Baden-Württemberg 84 mm gemessen.


Auch am Sonntag schien sich die Tiefdruckrinne über Deutschland recht wohl zu fühlen. Sie wollte sich nur sehr langsam nach Nordosten vorarbeiten. Die dazugehörige Konvergenzlinie lag am Nachmittag quer über Deutschland, etwa auf einer Linie von der Lüneburger Heide bis nach Niederbayern. Weiterhin kam es auf der Südwestseite der Rinne, also vor allem zwischen Donau und Main sowie in Teilen der Mitte zu schweren Gewittern mit sintflutartigen Regenfällen (Abb. 2). Am Montag waren dann die Gebiete von Ostholstein bis zur Lausitz mit den Gewittern an der Reihe (Abb. 3). Zwar verabschiedete sich die Tiefdruckrinne und die sich darin befindliche Konvergenzlinie allmählich nach Polen, gegenüber den Vortagen nahm allerdings etwa von Mecklenburg bis nach Ostsachsen der Feuchtegehalt nochmals deutlich zu und die Luft konnte sich auf über 30 Grad aufheizen. Somit war es wenig verwunderlich, dass sich wieder Gewitter mit unwetterartigen Regenmengen bildeten (z.B. 75 mm in Rathenow westlich von Berlin). Auch an diesem Tag ist auf den aus Radarinformationen abgeleiteten Bild der 24-stündigen Niederschlagssummen der Flickenteppich gut zu sehen.


Zusätzlich zu den eher lokal aufgetretenen hohen Regenmengen der Gewitter rückte am Sonntagabend sowie in der Nacht zum Montag der östliche und zentrale Alpenrand in den Fokus. Anders als in den übrigen Gebieten kam es dort nämlich zu größerflächigen und schauerartig verstärkten Regenfällen, die über mehrere Stunden hinweg anhielten. Dies hatte im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen stellten sich an den Alpen mit einer westlichen bis nordwestlichen Strömung in bodennahen Luftschichten leichte Staueffekte ein. Zum anderen drehte der Wind mit der Höhe über Nord und Ost bis zur oberen Atmosphäre auf Südost (Gegenstromlage), wodurch feuchtwarme Mittelmeerluft in den Alpenraum gelangte und länger anhaltende Niederschläge auslöste. Dabei kam innerhalb von meist nur 12 Stunden einiges an Regen zusammen. Im östlichen bayerischen Alpenraum sowie im Salzburger Land summierten sich dabei die Regenmengen vielerorts auf 80 bis über 130 mm (Abb. 4), wodurch einige Gebirgsbäche und kleinere Flüsse ordentlich anschwollen.


Wer bis jetzt noch nichts oder kaum etwas vom Regen abbekommen hat, kann zumindest auf die kommenden Tage hoffen, an denen es immer wieder in unterschiedlichen Regionen Schauer und Gewitter auftreten. Am meisten Regen wird dabei im Norden und Nordosten erwartet. Aber auch diesmal wird es sicher wieder nicht jeden treffen.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.07.2019

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