Im Hochsommer steht die Heuernte an. Bei der Wahl des optimalen Erntezeitpunkts spielt auch die prognostizierte Wetterentwicklung eine entscheidende Rolle.
Getrocknete, oberirdische Biomasse von Grünpflanzen, auch gemeinhin bekannt als "Heu", ist ein wichtiges landwirtschaftliches Produkt, das vor allem als Futter für Nutztiere dient. Durch gezielten Wasserentzug nach der Pflanzenernte wird eine deutliche Verlängerung der Haltbarkeit, also eine Konservierung des zukünftigen Futtermittels erzielt. Wichtig dabei ist eine schonende, aber gleichzeitig zügige Trocknung. Nachdem die Grünpflanze gemäht wurde, muss sie zunächst einige Zeit (maximal wenige Tage) auf dem Feld zur sog. Bodentrocknung verbleiben.
Während der Bodentrocknung sollte es nach Möglichkeit nicht zu häufig regnen, im Idealfall sogar trocken bleiben. Kommt es bei diesem Prozess aber doch zu ergiebigen Niederschlägen, kann die frisch gemähte Grünpflanze schnell verblassen und wertvolle lösliche Stoffe wie Mineralien, Zucker, Proteine und Vitamine gehen verloren.
Bei der Wahl des Erntezeitpunkts muss der Landwirt also möglichst eine Wetterphase abwarten, die einige trockene Tage bereithält. Dabei darf die Ernte weder zu früh noch zu spät stattfinden. Eine frühzeitige Ernte kann aufgrund der nicht vollendeten Entwicklung der Grünpflanze zu hohen Verlusten führen, eine verspätete zwar zu hohem Ertrag, aber deutlichen Qualitätseinbußen. Der Landwirt steht daher vor der Herausforderung, sowohl das Entwicklungsstadium der Grünpflanze als auch die Wetterentwicklung hinsichtlich zu erwartender Niederschläge im Auge zu behalten, um den besten Erntezeitpunkt abzupassen. Gut, wenn der Landwirt dabei auf verlässliche Wetterprognosen zurückgreifen kann.
Verlässlich waren die Prognosen im vergangenen Jahr sicherlich, denn Regen stand im "Dürresommer" 2018 nur extrem selten auf der Agenda. Die Landwirte hatten also scheinbar "freie Wahl" beim Erntezeitpunkt. Die extrem langen Phasen ohne Niederschläge sorgten aber leider dafür, dass es im Verlauf kaum mehr etwas zu ernten gab.
Ausreichende Niederschläge sind auch in diesem Jahr regional problematisch. Teilweise fällt der Sommer 2019 bisher sogar trockener aus als sein Vorgänger. In der Fläche dürfte sich die Situation aber etwas positiver darstellen als im vergangenen Sommer. Zwar schwebte ein gewisses Schauer- und Gewitterpotenzial fast immer wie ein Nimbus über der Heuernte - und natürlich auch über den Wetterfröschen, die "trockenes Wetter" verkauften - aber zumindest wuchsen durch die mehr oder weniger regelmäßigen Niederschläge die Wiesen immer wieder nach.
Blickt man auf die weitere Wetterentwicklung in dieser Woche, kann man davon ausgehen, dass es immer schwieriger werden wird, trockene Phasen abzupassen. Denn in feucht warmer Luft nimmt die Schauer- und Gewitterneigung zumindest bis zur Wochenmitte immer weiter zu. Teilweise kann es auch über längere Zeit kräftig regnen. Man könnte auch sagen: Heuer kaum Heuwetter mehr.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.08.2019
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst