Am gestrigen Sonntag entwickelten sich an einer quer über Deutschland liegenden Luftmassengrenze teils kräftige Gewitter. Besonders die Fallböen sorgten für erhebliche Schäden.
Am Sonntag, den 18.08.2019, lag eine Luftmassengrenze quasistationär vom Südwesten bis in den Nordosten über Deutschland. Sie trennte heiße Luft im Südosten von kühler und sehr feuchter Luft im Nordwesten. An der Luftmassengrenze bildeten sich am Nachmittag zunächst sporadisch Gewitter. Zum Abend hin nahm die Gewitterintensität zu.
Über der Pfalz entwickelte sich eine Gewitterzelle zu einer sogenannten Superzelle (vgl. Thema des Tages vom 14.07.2019: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/7/14.html). Diese zog dann einmal von West nach Ost über das Rhein-Main-Gebiet nach Unterfranken und verursachte zum Teil erheblichen Sachschaden. Auf ihrem weiteren Weg über Thüringen nach Sachsen schwächte sich die Zelle zunächst ab, nahm aber auf Höhe der Zwickauer Mulde wieder Fahrt auf und zog bis etwa Mitternacht über die Oberlausitz ostwärts aus Deutschland heraus. Im Zusammenhang mit der Superzelle gab es heftige Fallböen, Hagel mit Korngrößen bis zu 3 cm und kurzzeitig starken Regen.
Fallböen können bis zu 200 km/h erreichen und entstehen, wenn kalte Luft in einem Gewitter nach unten fällt und auf den Boden trifft. Ursache für die hohen Windgeschwindigkeiten ist eine durch Abkühlungsprozesse hervorgerufene Beschleunigung der Luft in Richtung Erdboden. Der Weg der nach unten fallenden Luft wird durch die Erdoberfläche begrenzt und die nun zur horizontalen Ausbreitung gezwungene Luft erzeugt heftige Böen am Boden. Oft erscheinen einem Fallböen wie eine weiße Wand, denn in ihnen herrscht meist der stärkste Niederschlag inklusive Hagel.
Abseits der Superzelle entwickelten sich sowohl im süddeutschen Raum als auch im Osten teils kräftige Einzelzellen, diese waren ebenfalls von heftigen Fallböen (gemessen bis 117 km/h) und kurzzeitigem Starkregen sowie Hagel (2 bis 4 cm) begleitet. In der Nacht zum Montag gab es an der sich nun langsam südostwärts verlagernden Luftmassengrenze weitere, teils kräftige Gewitter über Baden-Württemberg und Bayern, die sich zum Teil zu größeren Gewitterkomplexen zusammenschlossen. Diese hielten bis in die frühen Montagmorgenstunden an, brachten aber hauptsächlich Starkregen und kaum noch Böen.
In den von Gewittern betroffenen Gebieten fielen oft binnen weniger Minuten 10 bis 15 Liter pro Quadratmeter. So wurden innerhalb von 10 Minuten in Kahl am Main (BY) 13 Liter und in Darmstadt (HE) 10 Liter Regen pro Quadratmeter registriert. In Boxberg in Sachsen wurden in 5 Minuten knapp 11 Liter pro Quadratmeter gemessen. Neben dem kurzzeitig auftretenden starken Regen wurden schwere bis hin zu orkanartigen Böen registriert. In Roth in Bayern wurden 117 km/h, in Meiningen (TH) 95 km/h und in Wiesenburg (BB) 90 km/h gemessen. Da Gewitter lokal unterschiedliche Auswirkungen haben können, lassen sich stärkere Böen nicht ausschließen.
Die größten bisher bekanntgewordenen Schäden traten im Rhein-Main-Gebiet auf. Dort deckten die Gewitter etliche Dächer ab und entwurzelten zahlreiche Bäume. Ein Blitzschlag in das Stellwerk der Deutschen Bahn in Walldorf verursachte Zugausfälle und Verspätungen im Nah- und Fernverkehr. Aber auch in Brandenburg und Sachsen wurden von Gewittern Dächer abgedeckt und Bäume entwurzelt.
Heute beruhigt sich das Wetter. Zwar gibt es im Süden noch Regenfälle, Gewitter bilden aber die Ausnahme. Auch an der Nordsee kann es vereinzelt noch Schauer oder Gewitter bilden, eine Superzelle, wie am gestrigen Sonntag, wird aber nicht erwartet. Auch in den kommenden Tagen ist in den meisten Regionen nicht mit Unwettern zu rechnen. Südlich der Donau stellt sich eine Dauerregenlage ein, bei der lokal bevorzugt im Alpenraum unwetterartige Regenmengen auftreten können.
Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.08.2019
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