Seit letztem Samstag läuft sie wieder, die Wies'n. Wird das kommende Wochenende in München wettertechnisch ähnlich traumhaft wie das letzte? Die Ensemblevorhersage gibt Aufschluss!
Wie Sie vermutlich mitbekommen haben, startete am vergangenen Samstagmittag das 168. Münchner Oktoberfest. Bekanntlich findet die Wies'n von Mitte/Ende September bis Anfang Oktober statt. Das war allerdings nicht immer so, denn bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Fest tatsächlich, wie der Name vermuten lässt, im Oktober gefeiert. Der Grund für die Vorverlegung war recht simpel: Man wollte schlicht den sog. "Altweibersommer" ausnutzen, der zwischen Mitte September und Anfang Oktober häufig trockene und warme Tage verspricht.
Das hat zwar vergangenes Wochenende ziemlich gut hingehauen, doch in dieser Woche zeigt sich das Wetter eher von seiner grauen und wechselhaften Seite. Wie aber sieht es mit dem kommenden Wochenende und der zweiten Wies'n-Woche aus? Kann man dazu überhaupt schon etwas sagen? Jain! Das Zauberwort lautet "Ensemblevorhersage".
Die Genauigkeit der Wettervorhersage leidet (neben anderen Faktoren) darunter, dass die weltweite Messstationsdichte zu gering ist und die gewonnen Messdaten, die schließlich in ein computergestütztes Wettermodell einfließen, nicht hundertprozentig genau sind (Messungenauigkeiten). Je länger man mit diesem nicht exakten Anfangszustand der Atmosphäre in die Zukunft rechnet, desto größer wird die Unsicherheit der Prognose.
Um nun Aussagen über das zumindest grobe Wettergeschehen der nächsten sieben (manchmal auch bis zu zehn) Tage machen zu können, werden die Eingangsdaten minimal verändert, bevor das Wettermodell mit seinen Berechnungen anfängt. Danach werden die Eingangsdaten wieder minimal variiert und eine weitere Vorhersage erstellt. Dieser Vorgang wird nun noch einige Male wiederholt (beim globalen Vorhersagemodel des DWD (ICON) 40 Mal), sodass man am Ende nicht nur eine, sondern mehrere, sprich ein ganzes Ensemble an Vorhersagen vor sich hat. Jede dieser einzelnen Vorhersagen stellt also ein Mitglied dieses Ensembles dar.
Da die Ausgangsdaten immer nur minimal verändert werden, zeigen die Ensemblemitglieder in den ersten Prognosetagen häufig noch eine recht ähnliche Wetterentwicklung, bevor sie mit zunehmender Vorhersagezeit immer mehr voneinander abweichen. Liegen die Ensemblemitglieder eng beieinander, kann die Vorhersage als relativ sicher angenommen werden. Liegen sie dagegen weit auseinander, deutet das auf eine hohe Unsicherheit des weiteren Wettergeschehens hin.
Blicken wir mal auf die Ensemblevorhersage des DWD-Prognosemodells ICON für München und betrachten die Entwicklung des Niederschlags und der Temperatur in rund 1500 m. Diese Temperatur wird gerne genommen, da sie nahezu unbeeinflusst von bodennahen Effekten angesehen werden kann.
Man sieht bei der Temperatur nun verschiedenfarbige Bereiche, die sich allesamt innerhalb der beiden schwarz gestrichelten Linien befinden. Innerhalb dieser Linien befindet sich also das gesamte Ensemble. Sie stellen demnach die Extremwerte der Vorhersage dar,
d.h. die Temperaturentwicklung der nächsten Tage sollte sich auf jeden Fall innerhalb der beiden Linien abspielen. Im Inneren des Ensembles sehen wir einen dunkelblauen Bereich. Dieser enthält 50 %, also die Hälfte aller Ensemblemitglieder. Das bedeutet, dass nur 25 % der Vorhersagen dieses Ensembles höhere Temperaturwerte, weitere 25 % dagegen niedrigere Werte für den betrachteten Zeitpunkt prognostizieren. Der angrenzende etwas hellere Farbbereich enthält 80 % der Ensemblemitglieder, d.h. nur jeweils 10 % des Ensembles sagen höhere bzw. niedrige Temperaturwerte voraus. Dass sich die Temperatur in diesen oberen bzw. unteren 10 % des Ensembles bewegt, ist damit recht unwahrscheinlich.
Die Beschreibung der Farbbereiche können Sie nun 1 zu 1 auf die Ensemblevorhersage des Niederschlags anwenden, wobei sich die Mengen immer auf die Regensumme der letzten sechs Stunden bezieht (5 mm um 12 Uhr (UTC) bedeutet also, dass für den Zeitraum zwischen 6 und 12 Uhr (UTC) eine Gesamtregensumme von 5 mm vorhergesagt wird).
Mit Blick auf das kommende Wochenende sieht man schnell, dass das Ensemble für die Temperatur gerade zum Sonntag deutlich auffächert und somit die Vorhersage sehr unsicher wird. Man kann aber doch erkennen, dass der dunkelblaue Bereich, innerhalb dessen sich ja immerhin 50 % der Ensemblemitglieder befinden, am Sonntag sowie auch Anfang kommender Woche über dem Temperaturniveau für den morgigen Mittwoch liegt. Tendenziell wird es also zum Wochenende hin wieder etwas wärmer. Auch die Niederschlagsbalken zeigen für das Wochenende vergleichsweise kurze Balken, was auf insgesamt eher trockenes als verregnetes Wetter schließen lässt. Ob das aber auch für die kommende Woche gilt, ist noch mehr als fraglich.
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.09.2019
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