Oftmals wird der Herbst als farbenfrohe Jahreszeit mit ganz besonderer Atmosphäre dargestellt. Dass nun wieder häufiger ein besonders gefährliches Wetterphänomen auftritt, ist vielen jedoch nicht bewusst.
Schaut man zurzeit aus dem Fenster oder beobachtet bei einem ausgiebigen Spaziergang die Natur, sieht man den Herbst in seiner vollen Pracht. Die Blätter der Bäume verfärben sich allmählich von Grün und Goldgelb über Rot zu Braun, Hobbygärtner bringen so langsam ihre Pflanzen vor nächtlichem Frost in Sicherheit und die Vögel scharen sich am Himmel und bereiten sich auf ihre lange Reise in Richtung Süden vor.
Allerdings zeigt sich der Herbst in diesen Tagen besonders in Senken und Flussniederungen auch von seiner weniger glanzvollen Seite: Die Tage werden nun kürzer, die Nächte länger und somit dauert auch die nächtliche Auskühlung länger an. Gerade bei schwachen Windverhältnissen während herbstlicher Hochdrucklagen und einem meist nur gering bewölkten oder klaren Himmel kann sich die Luft im Laufe der Nacht bis zur sogenannten Taupunkttemperatur abkühlen. Bei dieser Temperatur handelt es sich jedoch keineswegs um die Temperatur, ab der Eis taut, sondern vielmehr um jene Temperatur, ab der sich Tau beispielsweise auf Wiesen niederschlägt (siehe www.dwd.de/lexikon). Dann beginnt der in der Luft enthaltene Wasserdampf zu kondensieren und es bilden sich Nebeltröpfchen. Dies konnte man in den frühen Morgenstunden über eine Webcam vom Hohenpeißenberg aus verfolgen, als sich in den Tallagen dichter Nebel bildete (Webcam-Loop unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/10/21.html mit freundlicher Genehmigung von foto-webcam.eu).
Wird dabei die horizontale Sichtweite auf Augenhöhe nur geringfügig beeinträchtigt, spricht man von Dunst. Beträgt die Sicht jedoch weniger als einen Kilometer, liegt definitionsgemäß Nebel vor. Unterschreitet die Sichtweite überregional die Schwelle von 150 Metern, wird laut den Warnkriterien des DWD eine Nebelwarnung fällig. Dabei variiert auch die Andauer der Warnung im Herbst. Während sich der Nebel im September im Laufe des Tages aufgrund des höheren Sonnenstandes meist noch vollständig auflöst, kann er jetzt im Oktober in windgeschützten Niederungen bereits den ganzen Tag anhalten und die Sonne lediglich als blasse, trübe Scheibe am Himmel erscheinen lassen. Besonders nebelanfällig ist beispielsweise das Donautal. Dort sorgt der Fluss für zusätzliche Feuchtigkeit in der Umgebungsluft.
Zugegeben, der Gedanke an Nebel ist nicht gerade furchteinflößend. In der Literatur wird ihm häufig sogar etwas Besinnliches oder Verträumtes angehängt, wie beispielsweise in diesem Gedicht von Eduard Mörike aus dem Jahre 1838:
"Im Nebel ruhet noch die Welt, noch träumen Wald und Wiesen: Bald siehst du, wenn der Schleier fällt, den blauen Himmel unverstellt,
herbstkräftig die gedämpfte Welt in warmem Golde fließen."
Was soll so gefährlich sein an diesem mehr oder weniger dichten Schleier, der sich über Wald und Wiesen legt und geräuschlos vor sich hin wabert?
Dass beispielsweise kräftige Sommergewitter gefährlich für uns Menschen sein können, ist vielen von uns sicher bewusst. Statistisch gesehen sterben etwa drei bis acht Menschen jährlich an Blitzschlag. Wer allerdings davon ausgeht, dass die nun angebrochene Jahreszeit wettertechnisch ungefährlicher abläuft, täuscht sich. Die Statistik spricht hier eine eindeutige Sprache: In den Jahren 2011 bis 2018 registrierte die Polizei laut dem Statistischen Bundesamt insgesamt 4579 Verkehrsunfälle, bei denen Nebel eine Rolle spielte. Dabei nahmen 4926 Personen Schaden, 155 Menschen verloren ihr Leben. Im Durchschnitt sind das knapp 20 Tote pro Jahr, die der Nebel im Straßenverkehr fordert. Zwischen 2009 und 2013 ereigneten sich rund 60 Prozent aller Unfälle, bei denen der Nebel mit ursächlich war, in den Monaten Oktober bis Dezember!
Nebel stellt somit eine deutlich unterschätzte Gefahr dar. Neben dem Flug- und Schiffsverkehr wird hauptsächlich der Straßenverkehr durch Nebel stark beeinträchtigt und erheblich gefährdet. Innerhalb kürzester Zeit kann die Sichtweite für Autofahrer in plötzlich auftauchenden, dichten Nebelbänken nahezu auf null sinken. Wer dann mit Geschwindigkeiten von über 100 km/h unterwegs ist, kommt einem Piloten im Blindflug nahe. Der wesentliche Unterschied besteht nur darin, dass die meisten Flugzeuge technisch für solche Gegebenheiten ausgerüstet sind, PKWs hingegen kaum. Der Anhalteweg, der neben dem eigentlichen Bremsweg auch die Reaktionszeit des Autofahrers beinhaltet, beträgt bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h bereits um 100 Meter!
Schalten Sie also selbst bei leichtem Nebel schon das Abblendlicht ein und passen Sie die Geschwindigkeit Ihres Fahrzeugs den Sichtverhältnissen an! Die Nebelschlussleuchten dürfen nach Straßenverkehrsordnung allerdings erst bei einer Sichtweite unter 50 Metern benutzt werden, da das rote Schlusslicht bis zu 30 Mal heller erstrahlt als gewöhnliche Rückleuchten und somit nachfolgende Fahrer blenden könnte. Als Orientierungshilfe können Sie die Leitpfosten am Straßenrand zu Hilfe nehmen, die in der Regel in einem Abstand von 50 Metern angeordnet sind. Allerdings darf bei eingeschalteten Nebelschlussleuchten nicht schneller als 50 km/h gefahren werden - auch nicht auf der Autobahn! Auf Fernlicht sollte allerdings besser verzichtet werden, da Sie sich damit durch das von den Wassertröpfchen im Nebel reflektierte Licht eher selbst blenden.
In den kommenden Tagen muss besonders in den Nächten und frühen Morgenstunden wieder häufiger mit Nebel gerechnet werden, stellenweise treten dabei auch Sichtweiten unter 150 Meter auf. In ungünstigen Senken und Flussniederungen, wie beispielsweise dem Donautal, können sich die zähen Schwaden auch ganztägig halten, wenngleich sich zumindest die Sichtweite im jeweiligen Tagesverlauf etwas bessern sollte. Nehmen Sie also im Nebel besser den Fuß vom Gas und fahren Sie mit angepasster Geschwindigkeit!
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.10.2019
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