Wie erwartet kam es in den vergangenen Tagen unter dem Einfluss von Tief "Vlad" zu heftigen Regenfälle am westlichen Mittelmeer. In Spanien hat dabei die sogenannte "Gota Fria" (auf Deutsch: "Der kalte Tropfen") zugeschlagen.
Tief "Vlad" zog in den vergangenen Tagen über dem westlichen Mittelmeer seine Kreise und verursachte dort wie vorhergesagt zum Teil heftige Regenfälle (siehe Thema des Tages "Heftige Starkregenfälle über Südwesteuropa" vom 20.10.2019 unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/10/20.html). So wurden am Mittwochmorgen (23.10.2019) in der katalonischen Küstenstadt Vandellos an der Nordostküste Spaniens satte 139 Liter Regen pro Quadratmeter (l/qm) in 24 Stunden gemessen (siehe dazu die Grafik der 24-stündigen Regenmengen über Südwesteuropa unterhalb dieses Textes bzw. unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/10/25.html). In Leucate (Frankreich) fielen sogar 170 l/qm im gleichen Zeitraum, und selbst auf Palma de Mallorca gab es 59 l/qm. Das dafür verantwortliche Wetterphänomen wird in Spanien als "Gota Fria" bezeichnet, was auf Deutsch übersetzt soviel wie "Kalter Tropfen" heißt.
Die "Gota Fria" ist ein im Herbst häufig vorkommendes Wetterereignis am westlichen Mittelmeer. Grundlage für das Auftreten ist das Zusammentreffen von kalter Luft in der Höhe mit dem noch warmen Mittelmeer. Wenn die durch das warme Wasser erwärmten unteren Luftschichten gehoben werden, treffen sie auf die darüber liegende kalte Luft. Warme Luft ist aber weniger dicht als kalte, sodass die warme Luft durch den resultierenden Auftrieb immer weiter aufsteigt und durch einsetzende Kondensation bald gewaltige Wolkenberge und Gewitter entstehen. Aufgrund der nicht nur warmen, sondern durch das Meer auch mit viel Feuchtigkeit angereicherten Luft nehmen die Wolken diese Feuchtigkeit auf, die sie bald wieder abgeben müssen, da sie zu schwer werden. Dann kommt es zu den heftigen Regenfällen.
Besonders häufig tritt die "Gota Fria" im September und Oktober auf, manchmal auch im Frühsommer. Anders als in den Sommermonaten, wenn am Mittelmeer meist sehr stabiles Hochdruckwetter herrscht, schafft es die kalte Luft in der Höhe im Herbst besser, weiter nach Süden vorzudringen. In vielen Fällen koppelt sich dabei ein sogenannter "Kaltlufttropfen" von der eigentlich vorherrschenden und im Norden kalten Höhenströmung ab. Der Kaltlufttropfen ist im Prinzip eine Abschnürung dieser kalten Luft in Form eines Tropfens, der dann in südliche Gefilde vordringt. So erklärt sich auch der Namenszusammenhang. Neben Spanien ist der "Kalte Tropfen" auch an der Karibikküste von Kolumbien bekannt.
Weht bei einer "Gota Fria" zusätzlich der sogenannte "Levante Wind", kann das Wetterereignis besonders stark werden. Der "Levante Wind" ist ein aus Ost wehender Wind im westlichen Mittelmeer, der auf die Ostküste Spaniens trifft (die in Spanien auch als "Levante" bezeichnet wird). In der Vergangenheit wurden bei besonders hohen Windgeschwindigkeiten im Zusammenhang mit einem Kaltlufttropfen auch der Begriff "Medicane" benutzt. In der Wissenschaft ist dieser Begriff allerdings noch nicht eindeutig definiert. Im vorliegenden Fall handelt es sich wahrscheinlich nicht um einen "Medicane", zumal die Winde wohl zu schwach sind und auch einige andere Bedingungen nicht erfüllt sind.
In der Vergangenheit brachte die "Gota Fria" noch weit höhere Regenmengen als die in diesem Jahr offiziell gemessenen. So fielen beispielsweise 2007 an der Costa Blanca um 400 l/qm Regen in kurzer Zeit. Im Oktober 1957 sollen in Valencia sogar 817 l/qm in 24 Stunden gefallen sein. Aktuellen Medienberichten zufolge sei die aktuelle "Gota Fria" so stark wie zuletzt 1987.
Der Kaltlufttropfen bzw. das zugehörige Tief sind bis zum heutigen Donnerstag zum zentralen Mittelmeer weitergezogen und haben nach Spanien und Frankreich nun Italien mit heftigen Regenfällen getroffen. Vor allem Sizilien und Sardinien standen dabei im Fokus, zudem gab es an den Küsten von Algerien und Tunesien starken Regen. Während in Sizilien und an der Küste von Algerien bis zum Wochenende weitere starke Regenfälle zu erwarten sind, hat sich in Spanien das Wetter beruhigt. So kann die durch das Unwetter mit zwei Tagen Verzögerung begonnene Heißluftballon-Europameisterschaft auf Mallorca nun doch bis zum kommenden Sonntag (27.10.2019) stattfinden.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.10.2019
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