Zäher Nebel und leichte Nachfröste, dazu eine Schneefallgrenze bis 1000 Meter, reicht dies schon um von Winter zu sprechen? Oder sind es nicht vielmehr typische herbstliche Phänomene? Wie gehen dieser Frage auf den Grund und geben gleich mal einen mittelfristige Ausblick.
In der Medienwelt fallen derzeit gehäuft Begriffe wie erster Wintereinbruch oder winterliche Kälte. Doch dies ist irreführend! Sowohl kalendarisch als auch klimatisch ist der Winter ja noch etwas entfernt.
Der astronomische Winterbeginn ist am 22. Dezember und die Meteorologen drehen am 1. Dezember an der Jahreszeitenuhr. Und bei Betrachtung der typischen Wettererscheinungen und des Temperaturniveaus sind ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen Herbst und Winter zu verzeichnen. Die Wintermitteltemperatur über alle Stationen in Deutschland liegt etwa um 0,1 Grad, die des Herbstes bei Werten um 8,7 Grad. In die Berechnung werden dabei die mittleren Tagestemperaturen (Nacht und Tag) über die drei Winter- bzw. Herbstmonate gemittelt. Nun kann man sich überlegen, ob derzeitige Höchsttemperaturen zwischen 5 und 12 Grad und nächtliche Abkühlungen auf Werte zwischen 6 und -5 Grad eher dem Herbst oder dem Winter entsprechen. Erste Fröste und Schnee bis auf Höhenlagen von 1000 Meter sind im Herbst ganz normal und entsprechen nicht wirklich typischen winterlichen Verhältnissen. Die Härte eines Winters wird in der Klimatologie u.a. anhand der Anzahl der Eistage ermittelt (das Maximum der Lufttemperatur liegt unterhalb des Gefrierpunktes (unter 0 Grad Celsius)). Auch diese Definition greift derzeit noch ins Leere. Auch bei der phänologischen Jahreszeit befinden wir uns noch im Herbst. Typisch für den Vollherbst sind die Früchte der Stieleiche, für den Spätherbst die Blattfärbung dieser. Wird nun die herbstliche Blattfärbung genauer betrachtet, so kann festgehalten werden, dass Ende Oktober der Vollherbst verbreitet in den Spätherbst übergegangen ist und dies in diesem Jahr sogar etwas verspätet. Der phänologische Winter würde einbrechen, wenn die Stileiche oder der spätreifende Apfel die Blätter verliert.
Auch bei Betrachtung des derzeitigen Wetters fehlt vom Winter jede Spur. Aktuell dominiert noch Hoch "Oldenburgia" mit Zentrum über Schottland das Wetter in weiten Teilen Deutschlands. Lediglich im Süden des Landes sorgen schleifende Frontensysteme und eine Windströmung gegen die Alpen für aufsteigende Luft und somit für Niederschlagsbildung, sodass es dort zunächst noch regnerisch ist. Ansonsten herrscht typisch herbstliches Hochdruckwetter mit teils sonnigen, teils neblig trüben Verhältnissen und milden Tagen (7 bis 11 Grad ist für November als mild einzustufen!) und teils frostigen Nächten vor. Dies bleibt auch erst mal bis einschließlich Donnerstag so. Erst ab Freitag können Tiefdruckgebiete von Westen dem Hoch soweit zusetzen, dass dieses allmählich nach Osten weiterzieht. Deutschland gelangt dann auf die Vorderseite eines kräftigen Tiefdruckwirbels über dem Ostatlantik und Westeuropa in eine südwestliche bis südliche Strömung. Spätestens dann sollten bei Zustrom subtropischer Luft und Höchstwerten zwischen 9 und 18 Grad alle Gedanken und Begriffe an den Winter doch schleunigst in die Schublade gelegt werden. Durch die Wolken am Himmel kühlen auch die Nächte nicht mehr aus, sodass die Tiefstwerte zwischen 11 und 2 Grad liegen sollten. Für November wären Temperaturen um bzw. über 17 Grad aus klimatischer Sicht als ungewöhnlich mild zu bezeichnen. Allerdings kommen die milden bis sehr milden Temperaturen nicht mit Sonnenschein daher. Stattdessen hängen dicke Regenwolken am Himmel und sorgen regional sogar für nennenswerte Regenmengen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass zunächst typisches herbstliches Hochdruckwetter mit viel Nebel und leichten Nachtfrösten wetterbestimmend ist, bevor ab Donnerstag sehr milde aber auch feuchte Subtropikluft das Land flutet. Einen winterlichen Gruß gibt es damit auch mittelfristig nicht.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübe
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.10.2019
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