Am morgigen Sonntag beginnt mit dem 1. Dezember für die Meteorologen der Winter. In einigen Medien wurde dabei schon ein "Horrorwinter" verkündet. Was ist damit gemeint und ist da was dran?
Der morgige 1. Dezember markiert nicht nur den Beginn der Adventszeit, sondern für die Meteorologen auch den Start ihres dreimonatigen Winters. Dass im Südwesten sogar ein paar Schneeflocken vom Himmel rieseln können, würde einen Besuch der nun zahlreich geöffneten Weihnachtsmärkte sicherlich abrunden. Einige Medien zufolge soll es dieses Jahr sogar einen "Horrorwinter" geben, wobei damit aber ein milder und schneearmer Winter gemeint ist. Können Winterfans damit ihre Hoffnungen bereits begraben?
Um es vorwegzunehmen, diese Frage ist nur schwer zu beantworten. Natürlich könnte es einen milden "Horrorwinter" geben, der im Zuge des Klimawandels per se schon wahrscheinlicher ist als ein kalter. Allerdings ist ein schneereicher und kalter Winter längst noch nicht vom Tisch, vor allem wenn sich eine entsprechende Großwetterlage mit Zufuhr kalter Luftmassen länger bei uns etablieren kann.
Als erster Ansatz für eine Jahreszeitenvorhersage gelten die sogenannten Bauernregeln. Dabei wurden von den Bauern über Jahre hinweg Wettererfahrungen gesammelt, um diese dann für Vorhersagen zu nutzen. Dieses einfache statistische Verfahren hat natürlich seine Schranken, insbesondere in Zeiten des Klimawandels. Mit Beginn des Computerzeitalters eröffneten sich den Meteorologen neue Möglichkeiten. So wurden Computermodelle für Langfristvorhersagen entwickelt.
Diese Computermodelle folgen dabei anderen Ansätzen als die Modelle für die kurz- und mittelfristigen Wettervorhersagen der nächsten maximal 10 bis 14 Tage. So spielen etwa Temperaturanomalien großer Meeresflächen eine größere Rolle. In einem Zeitraum von bis zu 14 Tagen haben diese Anomalien nur geringe Auswirkungen, in einem längeren Zeitraum von beispielsweise 3 Monaten aber schon.
Der Deutsche Wetterdienst stellt in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg und dem Max Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) im Rahmen des Deutschen Klimavorhersagesystems bzw. des German Climate Forecast System (GCFS) eine auf Computerberechnungen gestützte Jahreszeitenvorhersage bereit. Diese finden Sie unter https://www.dwd.de/DE/leistungen/jahreszeitenvorhersage/karten.html?n n=612472, dort können Sie auch weitere Informationen zum Thema abrufen. Die eingeblendete Grafik zeigt die für Europa vorhergesagte Abweichungen der Temperatur für die Wintermonate Dezember, Januar und Februar im Vergleich zum Mittel der Jahre 1990-2017. Tatsächlich wird für Deutschland die Vorhersage eines milden Winters bestätigt, da es in den nächsten drei Monaten eine positive Abweichung der Temperatur von bis zu einem Grad geben soll.
Bei Evaluierungen von Jahreszeitenvorhersagen zeigte sich in der Vergangenheit aber, dass diese über Europa bisher kaum zuverlässige Ergebnisse liefert. Hintergrund dafür ist, dass die für die Langfristvorhersagen komplexen Prozesse und Wechselwirkungen durch die Modelle vor allem in den gemäßigten Breiten noch nicht vollumfänglich erfasst werden können. Die weitgehend schraffierten Bereiche in der Grafik bestätigen die aktuell bei uns immer noch mangelnde Qualität. Im tropischen Pazifik beispielsweise funktioniert es besser. Das ambitionierte Ziel der Forscher ist es deshalb, die Jahreszeitenvorhersage weiter zu verbessern, sodass es eines Tages vielleicht tatsächlich heißen könnte: "Wir erwarten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen milden Winter". Bis dahin müssen wir uns weiterhin überraschen lassen oder uns mit Trends begnügen.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.11.2019
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