Wie schon in manchen Vorjahren ist die unmittelbare Vorweihnachtszeit auch dieses Jahr durch eine milde bis sehr milde Wetterlage geprägt. Zweistellige Höchstwerte sind verbreitet wahrscheinlich, örtlich sind 20 Grad möglich.
Das Adjektiv "winterlich" kann der diesjährigen Adventszeit nicht wirklich verliehen werden. Es gab zwar ab und zu einen Hauch von Schnee, Eis und Frost, mehr als ein episodenhaftes Auftreten kann aber nicht konstatiert werden. Allerdings selbst diese zeitlich beschränkten und wenig gravierenden winterlichen Erscheinungen führten am Ende der vergangenen Arbeitswoche in Teilen des Südens und der Mitte zu Einschränkungen im Straßenverkehr. Am Wochenende war dieser Schnee-Spuk aber dann schon wieder vorbei.
Während der nun anbrechenden neuen Woche wird sich an dieser milden Tendenz nicht viel ändern. Am Rande von Tiefdruckgebieten über West- und Südwesteuropa stellt sich nämlich eine südwestliche bis südliche Strömung ein. Kenner der Materie wissen bereits aus diesen wenigen Worten, dass damit ein möglicher Winter erstmal in weite Ferne rückt. Der Luftmassenursprung befindet sich nämlich bei einer solchen Wetterlage in Südeuropa sowie im nördlichen Afrika. Dementsprechend wird es in den nächsten Tagen in weiten Teilen Deutschlands sehr mild, in manchen Regionen des Südens fast schon frühlingshaft.
Der wärmste Tag der Woche dürfte eindeutig der morgige Dienstag werden, wobei der Wärmeschwerpunkt generell in den südlichen und mittleren Landesteilen zu finden ist. Verantwortlich dafür ist primär die herangeführte Luftmasse, die gut mit den Temperaturverhältnissen in einem Niveau von etwa 1500 m charakterisiert werden kann (diese Seehöhe entspricht in der meteorologischen Betrachtungsweise ungefähr dem Niveau der 850 hPa-Fläche). Fokussiert man sich auf die Regionen südlich des Mains, sieht man, dass die Luftmasse in 850 hPa einen Temperaturwert von etwa +9 bis +13 Grad aufweist. Das sind zur aktuellen Jahreszeit keine alltäglichen Werte, immerhin liegen diese fast 15 Kelvin über den klimatologischen Mittelwerten.
Doch wie hilft diese Luftmassencharakteristik nun auf die Schnelle weiter? Im Sommer kann bei guten Durchmischungsverhältnissen (konvektiver Austausch) mit dem Temperaturniveau in 850 hPa und ein paar Korrekturen sehr gut das Potential für den jeweiligen Tageshöchstwert abgeschätzt werden. Im Winter ist dies nicht so trivial, da sich die milde Luftmasse oft nicht in den kalten Tälern und Becken durchsetzen kann (Stichwort "Inversion", siehe Links bzw. DWD-Lexikon). Allerdings wirken diese Woche noch andere Effekte, die eine gute Durchmischung der unteren Troposphäre sicherstellen werden. In Alpennähe stellt sich nämlich aufgrund der südlichen Anströmung eine Föhnwetterlage ein. Diese sorgt dafür, dass sich die Luftmasse aus höheren Atmosphärenschichten auch in tieferen Lagen durchsetzen kann. Hilfreich dafür ist die noch ausbleibende Schneedecke im Alpenvorland, denn diese würde jene Kältepolster erzeugen, die einer guten Durchmischung entgegenwirken könnten.
Die Bestimmung der potentiell möglichen Höchsttemperatur ist bei den eben geschilderten Randbedingungen nun recht einfach. Bei einer Temperatur von beispielsweise 10 Grad in 850 hPa, also einer Höhe von 1500 m, und einem Temperaturgradienten von 1 Grad pro 100 m (Trockenadiabate) ergeben sich für auf etwa 500 m Seehöhe liegenden Orte im Alpenvorland etwa 20 Grad. Neben dieser kurzen Überschlagsrechnung können natürlich auch statistische Verfahren zur Vorhersage verwendet werden. Diese ergeben am Dienstag für den Alpenrand Höchstwerte zwischen 16 und 18 Grad. Allerdings zeigt sich oft, dass ein solches Verfahren bei Wetterlagen mit diesen Randbedingungen etwas zu defensiv agiert. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Temperatur am Dienstag örtlich an die 20 Grad heranreicht oder diese Marke knapp übertrifft.
Doch nicht nur in Alpennähe können solche föhnigen Effekte wirken. Beispielsweise gibt es diese auch in Westdeutschland, wenn bei südöstlicher Anströmung die Mittelgebirge als Barriere wirken. Da die Luftmasse dort aber am morgigen Dienstag etwas kälter als im Süden ist, sind 20 Grad in Nordrhein-Westfalen unwahrscheinlich, allerdings 16 bis 17 Grad immerhin im Bereich des Möglichen. Ganz im Norden (an Nord- und Ostsee) muss man sich hingegen mit knapp unter 10 Grad begnügen.
Ab Mittwoch gehen die Temperaturen zwar generell etwas zurück, es bleibt aber für die Jahreszeit weiterhin deutlich zu mild. Wie sich dann das Wochenende und der Beginn der Weihnachtstage meteorologisch gesehen darstellen wird, ist noch ein paar wenigen Unsicherheiten unterworfen. Jedenfalls kommen wir in den kommenden Tagen sicherlich darauf zurück.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.12.2019
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